In Deutschland stellt Manga immer noch ein sehr junges Genre dar. Wie schwierig die Anfänge auf dem hiesigen Buch- und Comicmarkt waren und welche Voraussetzungen zunächst erfüllt sein mussten, erzählt Kai-Steffen Schwarz, Programmleiter bei Carlsen Manga, im Interview.
Manga-Reihen erschienen erst seit Anfang der 90er Jahre, mit „Akira“. Doch erst 1997, mit dem Erfolg von „Dragon Ball“, wurde ein eigenes Manga-Label gegründet? Warum so spät?
Die Veröffentlichung von Akira erfolgte in den westlichen Ländern mit der kolorierten und in die westliche Leserichtung adaptierten US-Version Ende der 80er-, Anfang der 90er-Jahre. Bis Mitte der Neunziger erschienen einige weitere Manga-Serien bei Carlsen und auch anderen deutschen Verlagen in „verwestlichter Form“ – meist auf Basis amerikanischer Bilddaten, allerdings in schwarzweiß. Bei Carlsen zum Beispiel Battle Angel Alita, Sarah und Okami.
Die farbige Akira-Edition war also zunächst ein Türöffner. Die damalige Manga-Produktionsformel an sich – ca. 17 x 26 cm, schwarzweiß, etwa 120 Seiten mit einer Viertelstunde Lesezeit für etwa 20 DM – zeitigte keine großen Verkaufserfolge. Bis 1997 hatte sich in den Köpfen der Eindruck verfestigt: „Manga läuft nicht, Comic-Taschenbücher – abgesehen vom Lustigen Taschenbuch – auch nicht, schwarzweiß erst recht nicht“.
In Ländern wie Frankreich änderte sich das Mitte der 90er-Jahre aber. Mit Dragon Ball war Carlsen dann 1997 der erste europäische Verlag, der einen Mainstream-Manga originalgetreu in japanischer Leserichtung im preisgünstigen Taschenbuch-Format veröffentlichte, und ab 1999 mit Neon Genesis Evangelion, Magic Knight Rayearth oder Record Of Lodoss War auch weitere Manga in dieser Form verlegte.
Das alles lief bis dato aber immer noch unter dem Label „Carlsen Comics“ auf den Büchern, die erst kurz darauf zusätzlich mit einem rotblauen „Manga!-Böppel“ beworben und gelabelt wurden. Als eigenes Label im programmatischen Sinne, mit separater Redaktion, gibt es „Carlsen Manga“ sogar erst seit 2005/06. Ich glaube, vor Dragon Ball – also in den Neunzigern – hätte es gar keine Grundlage dafür gegeben, ein eigenes Manga-Label erfolgreich zu etablieren.
TV-Sender strahlten schon in den 70er und 80er Jahren viele Anime-Serien aus. Warum dauerte es so lange, bis deutsche Verlage nach Manga-Stoffen suchten?
Fast keiner der hier erfolgreichen Anime-Kinder-Klassiker aus den 1970er-Jahren – wie Heidi, Sindbad, Pinocchio oder Wickie – basierte im Ursprung auf Manga, allenfalls Kimba, der weiße Löwe war eine Ausnahme. Allerdings gab es zu fast allen dieser aus dem Fernsehen bekannten Serien ja viele günstige, farbige Comichefte (mit inhaltlich abgeschlossenen Geschichten) am Kiosk, von Verlagen wie Bastei oder auch Condor.
Die wesentlichen Merkmale von Manga – japanische Leserichtung, schwarzweiß, Fortsetzungen von Band zu Band – wären zum Beispiel auch in den 80er-Jahren für deutsche Verlage sicher noch eine große Hürde gewesen, den japanischen Comicmarkt hatten damals zudem vermutlich weder Pressecomic- noch Buch-Verlage wirklich auf dem Radar.
In den 80er-Jahren waren die deutschen Comic-Anbieter, allen voran Carlsen, ja überhaupt noch schwer damit beschäftigt, zunächst die wesentlichen frankobelgischen und amerikanischen Klassiker erstmals komplett in ordentlichen Ausgaben zu veröffentlichen.
Yusei Matsui, Autor und Zeichner des Manga-Erfolgs „Assassination Classroom“, ist Ehrengast auf der Manga-Comic-Con 2017. Was tut er hier – und was nehmen japanische Mangaka mit, von ein paar Tagen Leipziger Buchmesse?
Zum Zeitpunkt dieses Interviews sind wir noch dabei, Details zu klären – mit Sicherheit wird er, wie es ja Tradition ist, für (zeitlich begrenzte) Signierstunden zur Verfügung stehen, und nach Möglichkeit zum Beispiel Fans und Presse Fragen beantworten.
Was japanische Mangaka aus Leipzig für sich mitnehmen sind sicher Eindrücke von ihren Fans im Ausland – etwas, das noch immer nicht so endlos viele japanische Manga-Zeichner überhaupt erleben konnten – und natürlich, je nach Möglichkeit und Interesse, auch ein bisschen „Sightseeing“ in und um Leipzig herum.
Das Interview führte Stefan Mesch, freier Journalist.