Ein sympathischer Hansdampf in allen Gassen ist dieser Maarten Inghels, den wir im Antwerpener Theater Het Klokhuis treffen. Inghels ist als Autor kein Unbekannter, inzwischen hat er sich stark auf konzeptionelle Poesie geworfen. Aber er macht auch Kunst, die nicht so einfach zu monetarisieren und zu kommunizieren ist. Ein schönes Beispiel ist sein „Papierflieger-Verkaufsautomat (von ungelesenen und unverkauften Büchern)“, den er an die Stadtbibliothek Antwerpen vermietet hat.
Wir wissen doch alle, dass es weitaus mehr ungelesene als gelesene Bücher gibt.
Maarten Inghels
Dafür hat er die 38 Rest-Exemplare seines 2012 erschienenen, von der Kritik hochgelobten Debütromans De Handel in emotionele Goederen (Der Handel mit emotionalen Gütern), die der Verlag schon makulieren wollte, zurückgekauft, daraus Papierflieger gefaltet, die im Automat für 99 Cent das Stück verkauft. „Wir wissen doch alle, dass es weitaus mehr ungelesene als gelesene Bücher gibt“, erklärt uns der Autor mit unschuldigem Augenaufschlag.
Inghels, 1988 im belgischen Borgerhout geboren, machte sich als Dichter, Romanautor und multidisziplinärer Künstler einen Namen und gilt als Schlüsselfigur einer neuen Generation flämischer Dichter. Er debütierte 2008 mit seinem Lyrikband „Tumult“, dem viele weitere Gedichtbände und Romane folgten. Von 2016 bis 2018 war er Stadtdichter von Antwerpen und ist Ko-Initiator des sozial-literarischen Projekts Das einsame Begräbnis, bei dem Dichter vereinsamt Verstorbene zu ihrem Begräbnis mit einem persönlichen Gedicht würdigen. Auf Deutsch liegt von Inghels Es gibt keine bellenden Hunde mehr (hochroth, 2013) vor, sowie gemeinsam mit F. Starik „Das einsame Begräbnis“ (Edition Korrespondenzen, 2016)
Dazu inszeniert Maarten Inghels Poesie auf spektakuläre Weise mit eigenen Kunstwerken im öffentlichen Raum. Spektakulär etwa eine 25 Meter lange Sand-Skulptur mit den Worten SAVE OUR SOULS. In anderthalb Jahren errichtete er sie aus 15 Tonnen Sand in Limburg, nahe dem kleinen Örtchen Maaseik in Limburg, an der belgisch-niederländischen Grenze. Für Inghels ist das SOS ein „hilfloser Schrei nach Hilfe“, hat doch die Maas dort regelmäßig Hochwasser in Herbst und Winter, während die Sommer von katastrophalen Dürren gekennzeichnet sind. Im letzten Winter wurde das 40.000 Euro teure temporäre Kunstwerk von den Fluten der Maas weggespült.
Maarten Inghels letztes Buch Please look at the Basement (Bitte schauen Sie im Keller nach) fand der Schreiber dieser Zeilen so lustig, dass er es dem Dichter noch in der Theaterkneipe von Het Klokhuis abkaufen musste. Inghels hat rund 300 selbstgebastelte Fahndungsplakate nach entlaufenen Haustieren, die er über 15 Jahre in ganz Europa gesammelt hat, zwischen Buchdeckel gebracht. „Ich liebe das handgemachte, trashige Design“, lacht er. Und damit nicht genug: Zehn Jahre später hat er sich quer durch Europa telefoniert und nachgefragt, was aus all den vierbeinigen oder gefiederten Freunden einerseits, aber auch aus Herrchen oder Frauchen geworden ist. „Was“, kichert Inghels, „mag all die Tiere dazu gebracht haben, ihren eigenen Weg zu gehen? Auch Tiere haben ihre Rechte!“ Das Buch ist eine wunderbare Ode an die bizarren Begebenheiten im Reich der Haustiere und Zweibeiner – wie auch an die schräge Typo selbst gemachter Poster.
Wann & Wo?
21. März, 16.30 Uhr, Kopje Koffie mit Maarten Inghels, Messestand Gastland Niederlande/Flandern, Halle 4, D 300/ C 302
23. März, 19 Uhr, Lesung und Performance mit Maarten Inghels und Annelies Verbeke, Galerie Intershop, Spinnereistraße 7, Halle 10 G