In Leipzig haben wir nicht das erste Mal aus dem versionierten E-Book „Tausend Tode schreiben“ gelesen, aber das erste Mal in einem offiziell literarischen Rahmen. „Wir“ ist im Falle dieses Projekts mit mittlerweile mehreren Hundert Autorinnen und Autoren eine sehr bewegliche Größe, nicht mal ich, die Verlegerin und Herausgeberin, bin zwingend in allen Kontexten Teil davon. Auch im Telegraph blieb bis zum Schluss offen, wer von den Mitwirkenden anwesend sein und wer darüber hinaus lesen würde. Es ist immer ein bisschen merkwürdig, wenn sich Netzmenschen das erste Mal „draußen“ begegnen, es dauert einen Moment, bis man die virtuelle Vertrautheit mit der physisch realen Fremdheit vermittelt hat, und weil #1000Tode mehr noch als Twitter- und Facebook-Freundschaften eine große virtuelle Nähe unter den Beteiligten erzeugt, spürte ich das in Leipzig besonders deutlich, ja, war sogar ein bisschen überfordert, konnte ich in den meisten Fällen doch Personen erst identifizieren, indem ich ihren Namen laut aussprach und sie auf die Bühne bat, Personen, von denen ich durch ihre Texte doch Dinge wusste, die ich von Menschen, die ich gut kenne, nicht weiß. So begann ein bisschen geisterhaft ein Abend, der von uns allen, die wir anwesend waren, als sehr lebendig erinnert wird. Nicht unpassend für eine E-Book-Lesung.
Christiane Frohmann, Jahrgang 1969, arbeitet als Digitalverlegerin, Autorin und Veranstaltungsorganisatorin in Berlin. 2011 war sie Mitbegründerin des E-Book-Verlags eriginals berlin, 2012 startete sie den Frohmann Verlag.