Womit sind Sie gerade beschäftigt?
Heike Strecker: Wir sind, wie sich das gehört, während der üblichen Öffnungszeiten von 10 bis 18 Uhr im Laden erreichbar. Vor der Tür haben wir unseren Ladentisch, so dass die Kunden klingeln und kontaktlos abholen können.
Kaffee und Kuchen fallen flach?
Strecker: Kaffee außer Haus gibt es, Kuchen lohnt sich zurzeit nicht. Die Straßen sind wie leergefegt; zum Glück sind die Leute diszipliniert. Im Zweifelsfall essen wir alles selber.
Strecker: Natürlich haben auch wir im ersten Lockdown ausgeliefert. Eine anstrengende, hektische Zeit, die – unterm Strich – nicht so viel gebracht hat. Es ging darum, Präsenz zu zeigen. Und deshalb war’s wichtig. Im April waren wir froh, unter Auflagen wieder aufsperren zu können; im Mai konnten wir sogar unseren Café-Betrieb weiterführen, natürlich mit Hygienekonzept. Einen enormen Schub gab es für uns, als im Frühsommer alle, die eigentlich verreisen wollten, in Deutschland blieben: Da wir an einem touristischen Hotspot sitzen und viele die Provinz für sich entdeckt haben, war es ein guter Sommer für uns. Alles in allem haben wir, mit allen Höhen und Tiefen, ein gutes Jahr gehabt. Bis zum 16. Dezember war der Teufel los – dann mit einem Schlag: Ruhe. Wie ein Marathonläufer, der 20 Meter vorm Ziel stürzt.
Wie erging es ihrem ehrgeizigen „Kempowski täglich“-Projekt? Ab dem ersten Januar sollte es bei Ihnen jeden Tag, mit Ausnahme von Montag und Sonntag, kurz nach sechs eine Passage aus dem „Echolot“ geben. Zuvor ihr Mann Christian mit einer Jazz-Improvisation auf der Trompete…
Strecker: Wir sind erwartungsfroh ins Jahr gestartet. In den Lockdown-Phasen konnten wir lange nur auf Facebook und Youtube lesen. Über den Sommer gab es eine schöne Phase mit Publikum, zur 100. „Kempowski täglich“-Lesung kamen fast 100 Leute auf den Kirchhof. Wir haben unsere 193 Veranstaltungen eisern durchgezogen – bis auf 14 Tage Sommerurlaub. Am Silvesterabend fiel die Klappe.
Was hat sie am meisten überrascht?
Strecker: Die Treue der Stammkundschaft und die Renaissance des kleinen stationären Sortiments. Das hätten wir im Frühjahr nie und nimmer erwartet.
Wie schaut Ihre Lernkurve aus?
Strecker: Wir haben beschlossen, uns über Barsortiments-Anbindung einen Onlineshop einzurichten. Wir haben zwar seit Anfang September unseren ersten Buchhändler Azubi, sind aber insgesamt nur zu viert. Der Shop wird unsere Arbeit erleichtern.
Was erhoffen Sie sich von 2021?
Strecker: Dass Impfstoff und Disziplin eine Wendung fürs Corona-Geschehen bringen. Sonst fahren wir – wie die Politik auch – auf Sicht. Wir hoffen inständig, dass wir Schritt für Schritt wieder öffnen und Veranstaltungen anbieten können. Wir haben auch wieder ein größeres Projekt geplant, damit beginnen wir aber erst nach dem Lockdown: Einmal die Woche, immer mittwochs, soll es einen Lyrik-Abend in der Buchhandlung geben. Immer eine halbe Stunde, aber als Überraschungsprogramm. Dazu wollen wir auch unsere „Kulturkomplizen“ mit ins Boot holen.
Und Ende Mai kommen Sie mit selbstgebackenem Kuchen nach Leipzig?
Strecker:Â Absolut.
Kennengelernt haben sich Heike und Christian Strecker im American Diner des Hotels, das Heike Anfang der Neunziger betrieb. Aus dem Einzelhandel kommend, hatte Heike Strecker in Wendezeiten kurz eine „Wort-und-Werk“-Filiale geleitet hatte, arbeitete dann in Dingelstädt im christlichen Sortiment der Schwiegereltern in spé. 2004 eröffneten sie mit ihrem Mann in einem leer stehenden Schreibwarengeschäft in der Mühlhausener Altstadt, direkt gegenüber der Marienkirche, die eigene Buchhandlung. Der Relaunch nach 15 Jahren resultiert aus einer gemeinsamen Leidenschaft: „Wir sind beide irrsinnig gern Gastgeber.“
Fotos: Nils Kahlefendt, Buchhandlung Strecker