Autor: Nils Kahlefendt

Ghost Books
5. März 2018
Lebendige Literaturlandschaft, schwieriger Markt: Entdeckungen in Rumänien, Schwerpunktland der Buchmesse (Folge 2)
Autor: Nils Kahlefendt

Ghost Books
5. März 2018
Lebendige Literaturlandschaft, schwieriger Markt: Entdeckungen in Rumänien, Schwerpunktland der Buchmesse (Folge 2)

In Rumänien werden rund 20 Millionen Bücher pro Jahr verkauft, theoretisch eines pro Einwohner. Doch die Zahl der aktiven Leser ist weitaus geringer. Bei einem Durchschnittslohn von etwa 500 Euro bleibt wenig Geld für Lektüre übrig – davon profitiert auch mancher Straßenkiosk mit billigen Gebrauchtbüchern. Von den offiziell gelisteten mehr als 6000 Verlagen sind praktisch weniger als 100 mit eigenem Portfolio und konsistenter Strategie auf einem Markt unterwegs, der ein Volumen von rund 60 Millionen Euro hat. Zum Vergleich: Der rumänische Blumen-Markt bringt es auf gut 200 Millionen. Klingt fast nach dem schönen, alten Vergleich, nach dem der deutsche Buchmarkt so viel umsetzt wie Aldi Süd. Und in Rumänien?

„Von den 36.000 ISBN-Nummern, die jährlich von der Nationalbibliothek aufgenommen werden, finden Sie nur 9000 im normalen Buchhandel“, ärgert sich Mihai Mitrica, Chef des Verlegerverbands. „Die anderen 27.000 sind ‚Geister-Bücher’, schlechte Kompilationen, für die nicht selten auch noch Fördermittel ausgereicht werden“. Mitrica nennt das „legale Buch-Piraterie“. Besteht Hoffnung auf Besserung? Zumindest für den ein oder anderen korrupten Politiker oder Geschäftsmann, wie uns der Chef des Verlegerverbands berichtet. Die Geschichte klingt bizarr: Erfreulicher Weise geht die Justiz in Rumänien hart gegen einheimische Oligarchen vor. Doch seit 2013 erhalten Häftlinge, die ein wissenschaftliches Werk verfassen, 30 Tage Straferlass. Seitdem steigt die Zahl der Knast-Wissenschaftler sprunghaft. Die Palette reicht von Titeln wie „Die Finanzkrise der rumänischen Presse“ des Zeitungsverlegers Sorin Rosca Stanescu bis hin zu „Freiheitsübungen“ des Ex-Ministerpräsidenten Adrian Nastase.

Beitrag teilen

Weitere Beiträge, die Sie interessieren könnten

Literarisches Leben Slider

„Gute Bücher übersetzen ist leicht!“ 

20 Jahre Preis der Leipziger Buchmesse (4): 2018 ging der Preis in der Sparte Übersetzung an Sabine Stöhr und Jurij Durkot für ihre Übertragung von Serhij Zhadans Roman „Internat“. Inzwischen hat der Ukrainer, der lange mit Worten und Musik für die Sache seines Landes gekämpft hat, zur Waffe gegriffen.

Slider Wir

Back to the Roots 

Von der klassischen ‚PK’ bis ‚unter drei’: Der Thüringer Felix Wisotzki, Pressesprecher der Leipziger Buchmesse, organisiert die Kommunikation des Branchen-Großereignisses. Mit der Arbeit fürs Buch ist der studierte Amerikanist zu einer frühen Leidenschaft zurückgekehrt

Leipzig liest Slider

Fest des freien Wortes 

Buchmesse-Nachschlag, Teil 4: Mit Leipzig liest swingte eine ganze Stadt vier Tage lang im Takt der Literatur. Die heißgeliebte fünfte Jahreszeit – sie war zurück!

Literarisches Leben Slider

Fortüne & Phantasie 

Buchmesse-Nachschlag, Teil 3: In Zeiten zunehmender Markt-Konzentration stehen Independent-Verlage für eine bunte, vielfältige Bücherlandschaft. In Leipzig kommen auch die Kleinen groß raus

International Slider

Wahres Wunder Freundschaft

Buchmesse-Nachschlag, Teil 1: Die Buchmesse eröffnete mit Bundeskanzler Olaf Scholz und der Verleihung des Leipziger Buchpreises zur Europäischen Verständigung an Omri Boehm. Der Gaza-Konflikt platzte in einen Festakt hinein, in dem es um Identitätspolitik und ihre Überwindung ging

Leipzig liest Slider

„Vor allem Frauen“ 

Alles außer flach (3): In einer kleinen Serie stellen wir kreative Köpfe aus den Niederlanden & Flandern, Gastland der Leipziger Buchmesse, vor. Heute: Die flämische Schriftstellerin Annelies Verbeke

Leipzig liest Slider

Und dann hat’s BUMM! gemacht

Alles außer flach (4): In einer kleinen Serie stellen wir kreative Köpfe aus den Niederlanden & Flandern, Gastland der Leipziger Buchmesse, vor. Heute: Matthijs de Ridder, der die flämische Avantgarde-Ikone Paul van Ostaijen an die Pleiße holt

Leipzig liest Slider

Please look at the Basement! 

Alles außer flach (2): In einer kleinen Serie stellen wir kreative Köpfe aus den Niederlanden & Flandern, Gastland der Leipziger Buchmesse, vor. Heute: Der flämische Schriftsteller und Bildende Künstler Maarten Inghels

Leipzig liest Slider

Digitale Literaturwelten 

Alles außer flach (1): In einer kleinen Serie stellen wir kreative Köpfe aus den Niederlanden & Flandern, Gastland der Leipziger Buchmesse, vor. Heute: Poetische VR und eine Geschichten-Erzählmaschine

Literarisches Leben Slider

Starke Frauen

Kurt Wolff Preis für den AvivA Verlag: Seit einem Vierteljahrhundert bringt Britta Jürgs mit Energie und Spürsinn die weiblichen Stimmen der Weltliteratur zur Geltung 

International

Von Trakl bis Marwan

Gebrauchsanweisung für Österreich, Gast der Leipziger Buchmesse 2023, Folge 2: Der Salzburger Verlag Otto Müller gilt mit seinem ambitionierten Programm als einer der wichtigsten Literaturverlage der Alpenrepublik

Wir

Brücke zum Osten

März-Splitter (1): Statt Messe-Eröffnung feierte Leipzig die Verleihung des Buchpreises zur Europäischen Verständigung

International

„Vielgestaltigkeit erzählen“

Katja Gasser, künstlerische Leiterin des österreichischen Gastlandprojekts zur Leipziger Buchmesse 2023, über das Motto des Auftritts, erste Programm-Höhepunkte und den Mut, den es braucht, „mea ois wia mia“ zu sein.