Autor: Nils Kahlefendt

Foto: Mathis Beutel

Was bleibt
22. Januar 2021
Blick zurück nach vorn (5): Thomas Rathnow, CEO Penguin Random House, über den Digitalisierungsschub in Corona-Zeiten.
Autor: Nils Kahlefendt

Foto: Mathis Beutel

Was bleibt
22. Januar 2021
Blick zurück nach vorn (5): Thomas Rathnow, CEO Penguin Random House, über den Digitalisierungsschub in Corona-Zeiten.

Wie sind Sie durch das schwierige Jahr 2020 gekommen?

Thomas Rathnow: Die Pandemie liegt ja leider noch nicht hinter uns, ein wirklicher Rückblick auf die Krise ist also noch nicht möglich. Was wir aber sagen können, ist, dass es uns als Verlagsgruppe wichtig war, zum einen alle Mitarbeiter:innen so schnell wie möglich auch technisch die Arbeit im Home-Office zu ermöglichen und zum anderen, das ganze Jahr hindurch dafür zu sorgen, dass intern noch häufiger und intensiver kommuniziert wird. Klarheit und Transparenz über die Lage und die verschiedenen Maßnahmen, die wir ergriffen haben, sind wichtige Voraussetzungen dafür, Zusammenhalt im Unternehmen zu stiften. Dieser Zusammenhalt bildet die notwendige Voraussetzung dafür, auch in außergewöhnlichen Zeiten erfolgreich arbeiten zu können. So blicken wir tatsächlich auf ein wirtschaftlich gutes und in vielerlei Hinsicht auch auf ein besonders innovatives Jahr 2020 zurück.

Was haben Sie in Corona-Zeiten gelernt?

Rathnow: Das vergangene Jahr war an Lehren und Erkenntnissen sicherlich besonders reich. Bei allen Herausforderungen und Erschwernissen, die nicht klein geredet werden dürfen und die aktuell beispielsweise Eltern kleinerer Kinder besonders betreffen, war die vielleicht schönste Erfahrung, dass die Krise uns als Publikumsverlage in der Sinnhaftigkeit und Bedeutung unseres Tuns sehr bestätigt hat. Die Menschen haben gezeigt, wie wichtig ihnen Bücher ganz unterschiedlicher Art sind – und Verlage und Buchhandlungen haben es geschafft, auch unter schwierigen Bedingungen, die Bücher zu den Menschen zu bringen. Dass dabei digitale Wege eine immer größere Rolle gespielt haben, dass der Digitalisierungsschub im vergangenen Jahr eine weitere Beschleunigung erfahren hat, das ist eine weitere Lehre des Corona-Jahrs 2020. Aber auch die Einsicht, dass wir überraschend zügig in der Lage waren, auf ganz unterschiedlichen Ebenen Arbeitsprozesse oder auch Veranstaltungsformate digital auszurichten, um unserer Aufgabe nachzukommen, die Geschichten und Ideen unserer Autor:innen mit dem größtmöglichen Publikum zu verbinden.

Was erhoffen Sie sich für das neue Jahr?

Rathnow: Da unser Leben und Arbeiten am Anfang des neuen Jahres mehr denn je im Zeichen der Pandemie stehen, kann ich nur hoffen, dass diverse Maßnahmen zur Eindämmung von Covid-Ansteckungen nun rasch Wirkung zeigen, damit Menschen sich endlich wieder persönlich begegnen, Buchläden wieder öffnen, Schulen und Kitas wieder Kinder aufnehmen können und das kulturelle Leben in all seinen Spielarten wieder stattfinden kann. Es gab in der Verlagsgruppe in den letzten Monaten Entwicklungen und Errungenschaften, an denen wir festhalten wollen. Die digitalen Möglichkeiten, die beispielsweise vielen Mitarbeiter:innen ein flexibleres Arbeiten auch jenseits des Büros erlauben, wollen wir ausbauen. Aber die Vorfreude auf den persönlichen Austausch mit den Kolleg:innen, mit Autor:innen und unseren Geschäftspartnern – die ist immens groß.

Welche Projektionen haben Sie für die Leipziger Buchmesse?

Rathnow: Jetzt, im Januar 2021, ist es ganz schwer vorherzusehen, welche Chancen und Möglichkeiten wir Ende Mai in Leipzig haben werden. Eine Messe wie früher wird es gewiss nicht sein. Dennoch hoffe ich, dass es uns gemeinsam gelingen wird, die Leipziger Messe so zu veranstalten, dass sie erneut ein weithin sichtbares Zeichen setzt für das Lesen, für die Bedeutung des Buches und die Freude an der Begegnung mit Autor:innen und ihren Geschichten.

Thomas Rathnow ist seit November 2018 Vorsitzender der Geschäftsführung / CEO und seit 2004 in der Penguin Random House Verlagsgruppe tätig, zunächst als Programmleiter des Siedler Verlags. Nach einem Studium der Germanistik, Amerikanistik und Soziologie war er als Literaturkritiker tätig und begann seine Verlagslaufbahn beim Luchterhand Literaturverlag. 2014 wurde Thomas Rathnow Mitglied der Geschäftsführung der Verlagsgruppe; 2016 gründete er mit seinem Team den Penguin Verlag Deutschland.

Beitrag teilen


Das Jahr mit Corona war ein Stress-Test für die Branche, die sich als erstaunlich resilient und belastbar erwies. In unserer Serie „Blick zurück nach vorn“, deren Interviews in den ersten Januartagen geführt wurden, wollen wir teilen, wie Buchmenschen durch die Krise gekommen sind, was sie gelernt haben – und was sie sich für 2021 erhoffen. Momentaufnahmen einer Branche, die auf Sicht fahren muss – und doch insgesamt gerade über sich selbst hinauszuwachsen scheint.

Weitere Beiträge, die Sie interessieren könnten

Literarisches Leben Slider

„Gute Bücher übersetzen ist leicht!“ 

20 Jahre Preis der Leipziger Buchmesse (4): 2018 ging der Preis in der Sparte Übersetzung an Sabine Stöhr und Jurij Durkot für ihre Übertragung von Serhij Zhadans Roman „Internat“. Inzwischen hat der Ukrainer, der lange mit Worten und Musik für die Sache seines Landes gekämpft hat, zur Waffe gegriffen.

Slider Wir

Back to the Roots 

Von der klassischen ‚PK’ bis ‚unter drei’: Der Thüringer Felix Wisotzki, Pressesprecher der Leipziger Buchmesse, organisiert die Kommunikation des Branchen-Großereignisses. Mit der Arbeit fürs Buch ist der studierte Amerikanist zu einer frühen Leidenschaft zurückgekehrt

Leipzig liest Slider

Fest des freien Wortes 

Buchmesse-Nachschlag, Teil 4: Mit Leipzig liest swingte eine ganze Stadt vier Tage lang im Takt der Literatur. Die heißgeliebte fünfte Jahreszeit – sie war zurück!

Literarisches Leben Slider

Fortüne & Phantasie 

Buchmesse-Nachschlag, Teil 3: In Zeiten zunehmender Markt-Konzentration stehen Independent-Verlage für eine bunte, vielfältige Bücherlandschaft. In Leipzig kommen auch die Kleinen groß raus

International Slider

Wahres Wunder Freundschaft

Buchmesse-Nachschlag, Teil 1: Die Buchmesse eröffnete mit Bundeskanzler Olaf Scholz und der Verleihung des Leipziger Buchpreises zur Europäischen Verständigung an Omri Boehm. Der Gaza-Konflikt platzte in einen Festakt hinein, in dem es um Identitätspolitik und ihre Überwindung ging

Leipzig liest Slider

„Vor allem Frauen“ 

Alles außer flach (3): In einer kleinen Serie stellen wir kreative Köpfe aus den Niederlanden & Flandern, Gastland der Leipziger Buchmesse, vor. Heute: Die flämische Schriftstellerin Annelies Verbeke

Leipzig liest Slider

Und dann hat’s BUMM! gemacht

Alles außer flach (4): In einer kleinen Serie stellen wir kreative Köpfe aus den Niederlanden & Flandern, Gastland der Leipziger Buchmesse, vor. Heute: Matthijs de Ridder, der die flämische Avantgarde-Ikone Paul van Ostaijen an die Pleiße holt

Leipzig liest Slider

Please look at the Basement! 

Alles außer flach (2): In einer kleinen Serie stellen wir kreative Köpfe aus den Niederlanden & Flandern, Gastland der Leipziger Buchmesse, vor. Heute: Der flämische Schriftsteller und Bildende Künstler Maarten Inghels

Leipzig liest Slider

Digitale Literaturwelten 

Alles außer flach (1): In einer kleinen Serie stellen wir kreative Köpfe aus den Niederlanden & Flandern, Gastland der Leipziger Buchmesse, vor. Heute: Poetische VR und eine Geschichten-Erzählmaschine

Literarisches Leben Slider

Starke Frauen

Kurt Wolff Preis für den AvivA Verlag: Seit einem Vierteljahrhundert bringt Britta Jürgs mit Energie und Spürsinn die weiblichen Stimmen der Weltliteratur zur Geltung 

Bildung

Eine Frage der Haltung

Das AKJ-Symposium zur Buchmesse diskutiert Engagement und Zeitbezug in der aktuellen Kinder- und Jugendliteratur.

International

„Das Signal unter den Geräuschen“

Gebrauchsanweisung für Österreich, Gast der Leipziger Buchmesse 2023, Folge 4: Einen Bahö machen steht im Österreichischen für Aufruhr, Tumult, Lärm – Leo Gürtler und Rudi Gradnitzer wollen mit ihrem Verlag Bahoe Books in den gesellschaftlichen Diskurs eingreifen

International

Von Trakl bis Marwan

Gebrauchsanweisung für Österreich, Gast der Leipziger Buchmesse 2023, Folge 2: Der Salzburger Verlag Otto Müller gilt mit seinem ambitionierten Programm als einer der wichtigsten Literaturverlage der Alpenrepublik