Autor: Julia Lücke

Jutta Schaarschmidt: Veränderung gehört zum Prinzip – dankbare Momente
24. Februar 2016
Leipzig liest feiert 25 Jahre. Jutta Schaarschmidt hat seitens der Stadt Leipzig das Lesefest von Beginn an begleitet.
Autor: Julia Lücke

Jutta Schaarschmidt: Veränderung gehört zum Prinzip – dankbare Momente
24. Februar 2016
Leipzig liest feiert 25 Jahre. Jutta Schaarschmidt hat seitens der Stadt Leipzig das Lesefest von Beginn an begleitet.

Jutta Schaarschmidt (Jahrgang 1949) leitete als Mitarbeiterin des Kulturamtes der Stadt Leipzig seit der Gründung des Lesefestes bis zu ihrer Pensionierung im Jahr 2013 das Team „Leipzig liest“. Zuvor arbeitete sie bei verschiedenen Leipziger Kulturinstitutionen wie dem Kabarett „Academixer“, der Leipziger „Leipziger Pfeffermühle“ und der „Galerie Augenblick“.

Was verbinden Sie mit Leipzig liest?

…eine beruflich ausgesprochen fordernde, spannende Zeit, mit vielen befriedigenden Momenten. Beim Werden und Wachsen eines solchen Projektes über zwanzig Jahre direkt dabei gewesen zu sein, war für mich ein Glücksfall. Zu Beginn, das heißt Anfang der 90er Jahre, gab es nur einen Arbeitsschwerpunkt: Erhaltung der Leipziger Buchmesse. „Leipzig liest“ wurde bei der Lösung dieser diffizilen Aufgabe zu einem äußerst hilfreichen Instrument.

Die Zeichen standen damals ganz auf Anfang, überall, also auch bei uns. Ohne Erfahrungen, auf die man hätte zurückgreifen können, aber mit jeder Menge Enthusiasmus stürzten wir uns in die Arbeit. Dass damit der Grundstein gelegt wurde für das riesige Lesespektakel von heute, konnten wir damals allerdings nicht ahnen. Konzepte und Arbeitsmethoden entstanden im laufenden Arbeitsprozess. So wurden und werden die Programme ständig weiterentwickelt. Veränderung gehört zum Prinzip, damit „Leipzig liest“ auch weiterhin bei den unterschiedlichsten Zielgruppen als Sympathieträger für das Buch und das Lesen punkten kann. Mich erfüllt in der Rückschau ein warmes Gefühl für alle, die sich für diese anspruchsvolle Aufgabe mit auf den nicht immer einfachen Weg gemacht haben. Allen, die noch immer für die gute Sache unterwegs sind, wünsche viel Kreativität, um die immer neu entstehenden „Mühen in den Ebenen“ zu meistern.

Was ist/war Ihr schönster Leipzig liest-Moment?

In den langen Jahren meiner „Leipzig liest“-Zeit habe ich etliche Begegnungen mit prominenten Zeitgenossen gehabt. Wirklich bedeutende Persönlichkeiten zeichnen sich sehr oft durch Bescheidenheit aus und machen den Umgang mit ihnen meist recht leicht. Eine davon war die Autorin Lenka Reinerová, die damals einzige noch in deutscher Sprache schreibende Autorin aus dem alten Prag. Ihr letzter Besuch in Leipzig war schon sehr von ihrer schweren Krankheit überschattet. Ohne dass sie auch nur einmal darum gebeten hätte, haben wir sie bestmöglich umsorgt. Fahrdienst, Protokoll, Ärzte. Hotel – alle. Als dann die kleine alte Dame auf die Messe kam und auf dem Forum International mit bestechenden Argumenten ihre viel jüngeren Gesprächspartner von Funk und Fernsehen in die Schranken verwies, habe ich voller Bewunderung zugehört. Ich war tief bewegt, denn man ahnte schon, dass es ein Abschied war. Solche Momente machen dankbar.

Haben Sie eine Anekdote einer besonderen Lesung/Veranstaltung für uns?

Nach einer Sonntagsmatinee in der Peterskirche mit Peter Ustinov standen unglaublich viele Leute am Signiertisch an. Der Künstler ließ sich davon aber keineswegs die gute Laune verderben, die er in Leipzig immer hatte. Peter Ustinov scherzte mit den Leuten und schrieb persönliche Bemerkungen in die vorgelegten Bücher. Ich stand daneben und half beim Zureichen. Ein Besucher wurde von ihm gefragt, für wen das Buch sei und was er schreiben solle. „Für Heinz Müller und seine Frau Gisela“ – der Wunsch wurde prompt erfüllt. Etwa zwanzig Positionen weiter reicht ein Herr sein Buch mit der Bitte: „Für Heinz Müller und seine Frau Renate“. Da schaut Ustinov mit wunderbar gespieltem Erstaunen auf und sagt: „O, la, la! Das ging aber schnell!“ Der arme Herr Müller Nr. 2 wusste nicht wie ihm geschah, als den braven Helferinnen am Tisch vor Lachen die Tränen in die Augen stiegen. Er hat`s aber sicher unbeschadet überlebt.

Worauf freuen Sie sich zur kommenden Buchmesse?

Auf vieles, aber besonders auf das traditionelle Freitagsfrühstück in der Messekantine mit den Kolleginnen (ja, es sind fast ausschließlich Frauen) aus den Verlagen. Ein Treff mit Bücherfrauen aus allen Himmelsrichtungen, mit denen mich teilweise eine jahrelange Freundschaft verbindet. Die meisten arbeiten im Öffentlichkeitsbereich oder Vertrieb der Verlage. Kaffeeklatsch und Netzwerkarbeit, aber jetzt ohne Verpflichtung, für mich die reinste Freude!

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