Der Literaturbetrieb in Norwegen, dem Gastland der Leipziger Buchmesse, ist ziemlich einzigartig. So gehören zu seinen Grundlagen neben der Buchpreisbindung, die auch bei uns gilt, ein System für den Ankauf neuer Bücher durch den Staat und die Mehrwertsteuerbefreiung auf gedruckte und elektronische Bücher. Darüber hinaus trifft man auf Probleme, die uns ziemlich bekannt vorkommen: Die Herausforderungen durch Digitalisierung und KI oder der Schwund der Leserinnen und Leser. Angetreten, um diese Probleme zu lösen, ist in Norwegen eine neue Generation starker Frauen, die man immer häufiger in Führungsetagen der Branche – in Verlagen, wie auch in Buchhandlungen – trifft.

Sylvia Gjervik, die Frau mit der lässigen Punk-Frisur, ist Filialleiterin von Norli Strandgaten in Bergen. Mit drei Etagen und rund 25 Mitarbeiterinnen ist die Buchhandlung in Norwegens zweitgrößter Stadt das erste Haus am Platz. Norli ist mit annähernd 200 Läden die zweite große Kette des Landes; der Laden in Bergen war früher inhabergeführt und wurde in den frühen Nullerjahren aufgekauft.

„Laut Statistik soll sich das Lesen in Norwegen auf dem Rückzug befinden“, erklärt Gjervik. „Gleichzeitig brauchen wir uns über mangelnde Kundschaft nicht zu beklagen, ökonomisch war das letzte Jahr sehr erfolgreich. Die Statistik sagt auch, dass junge Leute nicht mehr lesen – aber sie tun es! Leider beginnen die meisten auf Englisch, und das sehr früh. Eine unserer Aufgaben müsste also sein, sie zu norwegischer Literatur zu führen, wenn sie älter werden – und von ‚Romantasy“ oder ‚Fantasy’ genervt sind“.
Im Basement hält Norli eine Young Adult-Auswahl vor – „die größte der Stadt“, wie Gjervik lächelnd sagt. Allerdings freut sich die Buchhändlerin inzwischen über einen zarten Gegen-Trend: Junge Leute greifen, TikTok hin oder her, wieder zu den Klassikern – und lesen Kafka, Jane Austen und Thomas Mann.