Torsten Hinger: Etlich schöne Erinnerungen

Torsten Hinger: Etlich schöne Erinnerungen

Torsten Hinger ist Programmchef der nato, dem ältesten Leipziger Kulturzentrum in freier Trägerschaft. Hier finden seit den 1980er Jahren Konzerte, Theaterstücke, Performances und Kinoabende statt. Die Macher verstehen sich als leidenschaftliche Anstifter von künstlerischen Experimenten – und so gestaltet auch Torsten Hinger seit vielen Jahren außergewöhnliche Lesungen im Rahmen von Leipzig liest.

Was verbinden Sie mit der Leipziger Buchmesse?

Etliche schöne Erinnerungen in der naTo – circa 30 Lesungen innerhalb von 3 Tagen

Was war Ihr schönster Leipzig liest-Moment?

Es waren Zwei: März 1994, »Zyankrise« – Lesungen und Musik vom Prenzlauer Berg (der letzte Programmpunkt des Abends war der erste öffentliche Auftritt einer Band mit dem Namen Rammstein) sowie 10 Jahre später eine Lesung mit Ljudmila Ulitzkaja.

Worauf freuen Sie sich zur kommenden Buchmesse?

Auf manch Unbekanntes und auf die Nordische Literaturnacht

Saša Stanišić: Wie gut, geht doch

Saša Stanišić: Wie gut, geht doch

Saša Stanišić wurde 1978 in Višegrad in Bosnien-Herzegowina geboren und lebt seit 1992 in Deutschland. Bereits sein Debütroman Wie der Soldat das Grammofon repariert begeisterte Leser und Kritik gleichermaßen. Für seinen jüngsten Roman „Vor dem Fest“ erhielt er den Preis der Leipziger Buchmesse in der Kategorie Belletristik 2014. Saša Stanišić lebt und arbeitet in Hamburg.

Was verbinden Sie mit der Leipziger Buchmesse?

15.000 Euro.

Und dann viel früher, als ich noch kein Buch geschrieben hatte, eine kleine, sehr schöne „humorvolle“ Lesung über Fußball im sogenannten Messe-Umfeld. In der Moritzbastei war das, mit Thomas Pletzinger und Simon Roloff, es war total voll, jeder, der Bier trank, hatte ein Bier in der Hand, was natürlich nichts heißen soll in Richtung Alkoholkonsum, aber durchaus ein „genüsslicher Anblick“ war, und beim Lesen dachte ich: wie gut, geht doch. Und wie ich einmal ein Buch von Henning Ahrens, dem Besten der Besten, geklaut habe, und dann den ganzen Tag mit dem Ding im Rucksack rumlief und so einem schlechten Gewissen, dass ich es am Nachmittag wieder zurückgegeben habe.

Haben Sie einen besonderen Leipzig liest-Moment?

Ja, jeden der Momente des Schreiens, weil man sonst nicht gehört wird, eins a!

Eine besondere Lesung oder haben eine besondere Lesung besucht? Wenn ja, welche?

Ich gehe sehr selten zu Lesungen, weil ich ein Problem mit dem Nacken habe.

Worauf freuen Sie sich zur kommenden Buchmesse?

Ich eigne mir meistens die Bibliographie sowie Teile der Biografie eines weniger bekannten Autors an, um die Frage „Was machen Sie so?“ spannender für mich (und die Gesprächspartner) zu gestalten. Diesmal ist es Heinrich Böll, darauf freue ich mich sehr.

Nora Gomringer: Geduldiges und heiteres Publikum – Termine im Dauerlauf

Nora Gomringer: Geduldiges und heiteres Publikum – Termine im Dauerlauf

Nora Gomringer (Jahrgang 1980) ist Schweizerin und Deutsche, schreibt Lyrik und für Radio und Feuilleton. Zu ihren zahlreichen Auszeichnungen gehört der Ingeborg-Bachmann-Preis 2015. Sie lebt in Bamberg, wo sie seit 2010 das Internationale Künstlerhaus Villa Concordia als Direktorin leitet. Seit vielen Jahren liest sie auf der Leipziger Buchmesse.

Was verbinden Sie mit der Leipziger Buchmesse?

Geschäfte und Geschäftigkeit, die Chance den eigenen Verleger in seiner Rolle und in Hochform zu erleben. Die Daten der Leipziger Buchmesse sind mit den Geburtstagen der Eltern die ersten Daten, die ich seit 15 Jahren in meinen neuen Jahreskalender übertrage.

Haben Sie einen besonderen Leipzig liest-Moment? Eine besondere Lesung oder haben eine besondere Lesung besucht? Wenn ja, welche?

Die Moritzbastei erlaubte mir zwei Mal spätnächtlich vor geduldigem, heiterem Publikum die Vorstellung der letzten beiden Lyrikbände. Das war memorabel und hat Mut gemacht für die Messe, in deren Verlauf ich zum Teil 16 Termine im Dauerlauf zu absolvieren habe.

Worauf freuen Sie sich zur kommenden Buchmesse?

Auf’s Tanzbeinschwingen, auf’s Kollegenbewundern, auf’s Fan-Sein und auf die totale Real-Fiktion, wenn ein Animemonster in der Toilettenkabine nebenan sitzt und seine blaugefärbte Avatarhand unter der Wand durchstreckt, um nach Klopapier zu fischen.

Jutta Schaarschmidt: Veränderung gehört zum Prinzip – dankbare Momente

Jutta Schaarschmidt: Veränderung gehört zum Prinzip – dankbare Momente

Jutta Schaarschmidt (Jahrgang 1949) leitete als Mitarbeiterin des Kulturamtes der Stadt Leipzig seit der Gründung des Lesefestes bis zu ihrer Pensionierung im Jahr 2013 das Team „Leipzig liest“. Zuvor arbeitete sie bei verschiedenen Leipziger Kulturinstitutionen wie dem Kabarett „Academixer“, der Leipziger „Leipziger Pfeffermühle“ und der „Galerie Augenblick“.

Was verbinden Sie mit Leipzig liest?

…eine beruflich ausgesprochen fordernde, spannende Zeit, mit vielen befriedigenden Momenten. Beim Werden und Wachsen eines solchen Projektes über zwanzig Jahre direkt dabei gewesen zu sein, war für mich ein Glücksfall. Zu Beginn, das heißt Anfang der 90er Jahre, gab es nur einen Arbeitsschwerpunkt: Erhaltung der Leipziger Buchmesse. „Leipzig liest“ wurde bei der Lösung dieser diffizilen Aufgabe zu einem äußerst hilfreichen Instrument.

Die Zeichen standen damals ganz auf Anfang, überall, also auch bei uns. Ohne Erfahrungen, auf die man hätte zurückgreifen können, aber mit jeder Menge Enthusiasmus stürzten wir uns in die Arbeit. Dass damit der Grundstein gelegt wurde für das riesige Lesespektakel von heute, konnten wir damals allerdings nicht ahnen. Konzepte und Arbeitsmethoden entstanden im laufenden Arbeitsprozess. So wurden und werden die Programme ständig weiterentwickelt. Veränderung gehört zum Prinzip, damit „Leipzig liest“ auch weiterhin bei den unterschiedlichsten Zielgruppen als Sympathieträger für das Buch und das Lesen punkten kann. Mich erfüllt in der Rückschau ein warmes Gefühl für alle, die sich für diese anspruchsvolle Aufgabe mit auf den nicht immer einfachen Weg gemacht haben. Allen, die noch immer für die gute Sache unterwegs sind, wünsche viel Kreativität, um die immer neu entstehenden „Mühen in den Ebenen“ zu meistern.

Was ist/war Ihr schönster Leipzig liest-Moment?

In den langen Jahren meiner „Leipzig liest“-Zeit habe ich etliche Begegnungen mit prominenten Zeitgenossen gehabt. Wirklich bedeutende Persönlichkeiten zeichnen sich sehr oft durch Bescheidenheit aus und machen den Umgang mit ihnen meist recht leicht. Eine davon war die Autorin Lenka Reinerová, die damals einzige noch in deutscher Sprache schreibende Autorin aus dem alten Prag. Ihr letzter Besuch in Leipzig war schon sehr von ihrer schweren Krankheit überschattet. Ohne dass sie auch nur einmal darum gebeten hätte, haben wir sie bestmöglich umsorgt. Fahrdienst, Protokoll, Ärzte. Hotel – alle. Als dann die kleine alte Dame auf die Messe kam und auf dem Forum International mit bestechenden Argumenten ihre viel jüngeren Gesprächspartner von Funk und Fernsehen in die Schranken verwies, habe ich voller Bewunderung zugehört. Ich war tief bewegt, denn man ahnte schon, dass es ein Abschied war. Solche Momente machen dankbar.

Haben Sie eine Anekdote einer besonderen Lesung/Veranstaltung für uns?

Nach einer Sonntagsmatinee in der Peterskirche mit Peter Ustinov standen unglaublich viele Leute am Signiertisch an. Der Künstler ließ sich davon aber keineswegs die gute Laune verderben, die er in Leipzig immer hatte. Peter Ustinov scherzte mit den Leuten und schrieb persönliche Bemerkungen in die vorgelegten Bücher. Ich stand daneben und half beim Zureichen. Ein Besucher wurde von ihm gefragt, für wen das Buch sei und was er schreiben solle. „Für Heinz Müller und seine Frau Gisela“ – der Wunsch wurde prompt erfüllt. Etwa zwanzig Positionen weiter reicht ein Herr sein Buch mit der Bitte: „Für Heinz Müller und seine Frau Renate“. Da schaut Ustinov mit wunderbar gespieltem Erstaunen auf und sagt: „O, la, la! Das ging aber schnell!“ Der arme Herr Müller Nr. 2 wusste nicht wie ihm geschah, als den braven Helferinnen am Tisch vor Lachen die Tränen in die Augen stiegen. Er hat`s aber sicher unbeschadet überlebt.

Worauf freuen Sie sich zur kommenden Buchmesse?

Auf vieles, aber besonders auf das traditionelle Freitagsfrühstück in der Messekantine mit den Kolleginnen (ja, es sind fast ausschließlich Frauen) aus den Verlagen. Ein Treff mit Bücherfrauen aus allen Himmelsrichtungen, mit denen mich teilweise eine jahrelange Freundschaft verbindet. Die meisten arbeiten im Öffentlichkeitsbereich oder Vertrieb der Verlage. Kaffeeklatsch und Netzwerkarbeit, aber jetzt ohne Verpflichtung, für mich die reinste Freude!

Julius Fischer: Menschen bleiben stehen, lassen sich ein, vergessen ihren Stress

Julius Fischer: Menschen bleiben stehen, lassen sich ein, vergessen ihren Stress

Julius Fischer, 1984 in Gera geboren, lebt in Leipzig. Er hat an zahlreichen Poetry Slams im deutschsprachigen Raum teilgenommen und viele von ihnen gewonnen. Mit Christian Meyer tourt er als „The Fuck Hornisschen Orchestra“ durch den deutschsprachigen Raum. Außerdem ist Julius eine Hälfte des Slam-Duos „Team Totale Zerstörung“, Mitglied der Dresdner Lesebühne Sax Royal und Mitbegründer der Leipziger Lesebühne Schkeuditzer Kreuz. Gemeinsam mit André Herrmann tritt er beim Festabend in der KONGRESSHALLE am Zoo anlässlich „25 Jahre Leipzig liest“ auf.

Was verbinden Sie mit der Leipziger Buchmesse?

Es ist die erste Messe, die ich je besucht habe. Ich bin kein Freund großer Menschenmassen und werde auch dieses Jahr eher an einem der ruhigeren Tage dort sein, um Kollegen zu treffen und ein bisschen zu stöbern.

Haben Sie einen besonderen Leipzig liest-Moment?

Toll ist die Leseinsel der jungen Verlage. Ich halte mich dort gerne auf, als Lesender und Zuschauer. Es beeindruckt mich immer wieder, wenn Live-Literatur es schafft, dass Leute stehen bleiben, sich einlassen, ihren Stress vergessen. Ich habe dort tolle Momente erlebt.

Eine besondere Lesung oder haben eine besondere Lesung besucht? Wenn ja, welche?

Ich mochte bisher besonders gerne die Textbox von Bas Böttcher in der großen Halle. Ein Plexiglaskasten, der bei schönem Wetter zur Sauna wird, mit 20 Kopfhörern. Die PoetInnen sind so ganz nah an den Zuhörern und anders herum.

Worauf freuen Sie sich zur kommenden Buchmesse?

Ich freue mich besonders auf Freitag und Samstag. Am Freitag werde ich mit meinem Bandkollegen Christian Meyer Musik beim „Diwan“ vom BR2 machen, später fahren wir ins Schauspiel und moderieren den großen Buchmessen-Poetry-Slam. Am Samstagabend lese ich zusammen mit meinen Lesebühnenkollegen Marc-Uwe Kling, Sebastian Lehmann und Maik Martschinkowsky im Werk 2. Ansonsten gehe ich natürlich auf alle Partys. Alle!