Buchmesse-Eröffnungsabend, über den Augustusplatz pfeift kalter Wind. Am Mendebrunnen, vorm noch leeren Gewandhaus, haben sich rund 300 überwiegend junge Leute zusammengefunden, um unter dem Motto „Meinungsfreiheit nutzen, Rechten widersprechen“ zu demonstrieren. Kurz darauf formieren sie sich zum Gruppenbild – und halten mitgebrachte Bücher in die Luft: Klemperer und Hannah Arendt, Lessing und Arthur Miller, Sebastian Haffner, Erich Loests „Pistole mit sechzehn“ und, ja: das Strafgesetzbuch in einer dtv-Taschenbuchausgabe ist auch dabei. „Wir sind hier, damit die Eröffnung der Leipziger Buchmesse eine politische Eröffnung ist“, sagt Lisa Mangold vom Hamburger Argument Verlag, eine der Organisatorinnen. Doch politisch ist die Eröffnung längst. „Einem Menschen begegnen heißt, von einem Rätsel wachgehalten zu werden“, so zitiert Leipzigs Kulturbürgermeisterin Skadi Jennicke drinnen im Gewandhaus den Philosophen Emmanuel Lévinas. Toller Aufschlag. Und es stimmt ja: Auf der Suche nach dem, was und wer der „Andere“ ist, versagen nicht selten die gewohnten Strukturen unseres Denkens. Als Jennicke kurz darauf die Ansicht äußert, dass man laut widersprechen müsse, wenn die größte Opposition im Bundestag die Mehrdeutigkeit von Kultur in Zweifel ziehe, tönt ein einzelnes „Buh“ vernehmlich vom Rang. Wer nun fürchtete, auf der Leipziger Buchmesse werde es die nächsten vier Tage zugehen wie in den Krawall-Abteilungen des Internet, wurde auf angenehme Weise enttäuscht: Statt florierendem Etikettenhandel dominiert die Auseinandersetzung auf der inhaltlichen Ebene.
Rein in die Kontroverse!
Ein vom Börsenverein organisiertes Podium am Messedonnerstag, bei dem Manfred Keiper (Die andere Buchhandlung, Rostock) und Michael Lemling (Lehmkuhl, München) auf Susanne Dagen (Buchhaus Loschwitz, Dresden) treffen, zeigt exemplarisch, wie es gehen könnte: Miteinander reden, rein in den thematischen Nahkampf. Dagen, die einst in Keipers Buchhandlung lernte und im letzten Herbst die Charta 2017 initiierte, sieht sich nicht als „politische Buchhändlerin“, eher als „politische Privatperson“. Eine, die „an Bildung“ glaubt, sich der gesellschaftlichen Debatte mit neuen Veranstaltungs-Formaten und breit gefächertem Sortiment stellen will. Ohne Denkverbote. „Keine rechtsradikale Literatur, aber natürlich Konservative, Linke, Rechte.“ Das volle Programm, „von Lichtmesz bis Luhmann“. Wenn Michael Lemling, einst in der Marburger Buchhandlung „Roter Stern“ sozialisiert, im gemütlichen, linksliberalen Schwabing 500 Mal Thilo Sarrazins „Deutschland schafft sich ab“ verkauft, obwohl jeweils nur ein Exemplar im Regal steckt, wenn die neue Rechte mit Antonio Gramsci argumentiert, dann ist das ein Schock. „Früher hätte ich gesagt: Herr, lass Abend werden! Heute würde ich vielleicht eine Veranstaltung dazu machen“, meint Lemling. Und: „Wir werden uns diesen ungemütlichen Diskussionen stellen müssen.“
Europa und die Meinungsfreiheit
Die Kontroverse ins eigene Haus tragen? Angesichts des Risses, der quer durch die Gesellschaft geht, sollten Buchhandlungen verstärkt zu „Orten des Dialogs und der inhaltlichen Auseinandersetzung“ werden, wird Verleger Christoph Links nicht müde zu betonen. Als Sprecher der 2017 gegründeten IG Meinungsfreiheit im Börsenverein sitzt der Verleger in diversen Runden, so auch im Panel „Europa und die Meinungsfreiheit“ in der Glashalle. Dort trifft er auf Kristenn Einarsson vom IPA Freedom to Publish Committee, das den von den chinesischen Machthabern drangsalierten Buchhändler und Verleger Gui Minhai in Abwesenheit mit dem Prix Voltaire ausgezeichnet hat. Solidarität ist wichtig für die Verfolgten und Gefangenen – auf der Börsenvereins-Website www.wort-und-freiheit.de sind aktuelle Fälle und Musteranschreiben für Protestnoten abrufbar. Die Länder, in denen die Freiheit des Wortes bedroht ist, rücken näher. Istanbul, Warschau, Budapest, Bratislava – alle nur wenige Flugminuten von uns entfernt. In der Runde am Arte-Stand berichtet der ungarische Verleger Tamàs Miklos (Atlantisz) von einer zu 80 Prozent „regierungsnahen“ Presselandschaft. „Im Buchmarkt gibt es zwar noch keine Zensur, aber die Verlage haben enorme finanzielle Schwierigkeiten. Wir haben eine Stiftung gegründet, eine eigene Buchhandlung. Leser, die unsere Arbeit wichtig finden, können uns, ähnlich wie bei investigativen journalistischen Projekten, finanziell unterstützen.“ Das Buch, meint der Ungar, könne „eine Art Gegenstück zu den aufgeregten sozialen Medien“ sein, ein Antidot gegen Fake News aller Art.
Politische Bildung
Im taz-Studio diskutierten Lisa Mangold, Jörg Braunsdorf (Tucholsky-Buchhandlung, Berlin) und Daniel Kraft (Bundeszentrale für politische Bildung) über den Umgang mit einer neuen gesellschaftlichen Situation – nicht nur die Buchmessen werden zunehmend zu Orten der Auseinandersetzung. Braunsdorf, der nach Neonazi-Aufmärschen in Mitte eine Anwohner-Initiative gegründet hat, über die kürzlich sogar die New York Times berichtete, mag nicht mehr in Dauerschleife über rechte Ideologien reden, nicht dauernd „Nein!“ sagen: „Wenn nötig, setzen wir uns schon auch auf die Straße. Aber wir haben 365 Tage im Jahr – und viele, viele Möglichkeiten, unsere eigenen Lebensentwürfe in den Vordergrund zu schieben.“ Daniel Kraft findet lobende Worte für die Organisatoren der Buchmesse: „Allein schon das Konzept von Leipzig liest, die vielen Veranstaltungs-Inseln und Foren, ist eine Strategie, die immer Diskussionsräume geschaffen hat. Gemeinsam mit anderen politischen Bildnern waren wir früh in die Messeplanung eingebunden, man hat uns einen ganzen Hallengang zur Verfügung gestellt, an dem wir sichtbar werden können. Dort werden in diesen Tagen genau die Themen besprochen, die auf der Straße liegen.“
Die Kraft der Argumente
Gelassen bleiben im Umgang mit Demokratie-Verächtern, so lautet auch eine der „10 Regeln für Demokratie-Retter“, die KiWi-Autor Jürgen Wiebicke formuliert. Angesichts von 2630 Ausstellern aus 46 Ländern, die sich friedlich und unaufgeregt auf der Agora tummeln, sollte man eine Handvoll rechter Verlage aushalten. „Nicht über jedes Stöckchen springen“, empfahl Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer im Gewandhaus. „Uns werden die regelmäßig hingehalten“, sagt der politische Bildner Daniel Kraft, „in den Sozialen Medien, am Bürgertelefon, am Messestand. Aber, hey: Muss ich mich immer mit den Schreiern beschäftigen?“ Bei der Bundeszentrale haben sie Strategien entwickelt: Pappen zum Beispiel, auf die man sein Problem schreiben und mit einem Selfie abgeben kann – zwecks späterer Dialogaufnahme. Wetten, dass Buchhändler und Verleger zugkräftigere Ideen im Köcher haben? „Ich glaube an die Kraft des besseren Arguments“, sagt Mohamed Amjahid, Kurator des Schwerpunkts Europa21. Der junge ZEIT-Journalist ist kein Kind von Traurigkeit, er lud etwa die erzkonservative polnische Politikwissenschaftlerin Aleksandra Rybinska und Adam Szymczyk, Chefkurator der Dokumenta 14, zum „Europaduell“ nach Leipzig. Das Zeitgenössische Forum platzte aus allen Nähten, die Emotionen kochten hoch. „Konstruktiv streiten, das funktioniert“, sagt Amjahid lachend: „Der Schnee war das größere Problem.“
Fotos: Tobias Bohm, Gaby Waldek, Rainer Justen, Nils Kahlefendt
Kleine Verlage haben auch in Rumänien dicke Bretter zu bohren. Das gilt auch für Silvia Colfescu, die mit Vremea 1990 einen der ersten Privatverlage des Landes gründete und heute mit zehn Mitarbeiterinnen rund 50 Bücher pro Jahr publiziert. Die agile, frankophone Dame scheint aus einer Zeit zu kommen, da man für die Lektüre tief im Sessel versank, den Sherry mit kleinen Schlucken dazu genießend. „Ich bin old-fashioned“, gesteht sie lachend.
Colfescu hält die Stellung in einer vom Zahn der Zeit angeknabberten Art-déco-Wohnung in der Bukarester Altstadt, die beiden Buchmessen Bookfest und Gaudeamus sind überlebenswichtig: Dort kaufen Leser mit üppigem Discount. Nach dem Sturz des Regimes erzielte die Verlegerin mit ihren eigenen Kinderbüchern oder Dokumenten über Schauprozesse aus realsozialistischen Zeiten Riesen-Auflagen. Heute muss sie mit Auflagen zwischen 500 und 1000 leben. Ans Aufhören denkt Silvia Colfescu schon gar nicht. „Wir sind nicht stark gewachsen, aber wir sind nicht tot. Es gibt uns noch! Und das zählt!“
Der Dichter Claudiu Komartin, Jahrgang 1983, gründete 2010 mit Gleichgesinnten den auf Lyrik spezialisierten Verlag Casa de Editura Max Blecher . Pro Jahr erscheinen bis zu 15 Bücher und, gedruckt wie digital, die Zeitschrift „Poesie International“. Max Blecher (1909-1938), der Namenspatron, war ein jüdisch-rumänischer Autor, der seiner unheilbaren Knochentuberkulose ein schmales, aber gewichtiges Werk abtrotzte. Für Komartin ein eindrucksvolles Beispiel dafür, „was es heißt, sein Leben der Literatur zu widmen“. Hört man den Jüngeren wie Komartin oder Florin Lăzărescu (1974) zu, der mit Dan Lungu und anderen seit 2013 im ostrumänischen Iași das großartige FILIT-Literaturfestival betreibt, ahnt man etwas von der tiefen Kluft zu den im Schriftstellerverband organisierten Kollegen. Viel Frust hat sich da angestaut. Der Verband scheint weniger als Autorengewerkschaft denn als elitärer Club zu funktionieren. Mit Klagen halten sich Komartin und seine Freunde nicht auf: „Wir gründen unsere eigenen Plattformen. Und überhaupt: Die Poesie steht außerhalb der kapitalistischen Markt-Logik.“
Vom 15. bis 18. März öffnen die Leipziger Buchmesse und die Robert Bosch Stiftung GmbH zum dritten Mal mit dem Programmschwerpunkt Europa21 den Denk-Raum für die Gesellschaft von morgen. Sind wir wirklich die Besten? Unter dieser Überschrift lädt der diesjährige Kurator Mohamed Amjahid internationale Gäste aus Zivilgesellschaft, Kultur, Wissenschaft und Medien ein, über die europäische Vergangenheit zu reflektieren, über Gegenwart zu streiten und Ideen für die Zukunft des Kontinents zu entwickeln. Aus diesem Anlass haben wir drei Teilnehmer des diesjährigen Europa21- Programmschwerpunktes zu ihren Gedanken zu den europäischen Werten befragt:
Heilige Menschenrechte
„Die Menschenrechte, Gleichberechtigung von Mann und Frau, Redefreiheit und Frieden sind nach meiner Meinung die zentralen europäischen Werte. Sie sind ein wichtiger Teil der isländischen Kultur. Mir persönlich sind die Menschenrechte heilig und damit unverzichtbar. Unser Ziel sollte es außerdem sein, den Frieden zu erhalten oder wiederherzustellen. Gewalt muss die Ausnahme bleiben“, meint der isländische Schauspieler, Komiker und Autor Jón Gnarr. Im Jahr 2010 wurde er zum Bürgermeister von Reykjavík gewählt und bestimmte danach vier Jahre die Geschicke der isländischen Hauptstadt. Er setzt sich für Menschenrechte in Island, Europa und weltweit ein.
Nationale Herausforderungen und grenzüberschreitende Lösungen
„Ich finde selbst den Begriff ‚europäische Werte‘ zu abstrakt oder sogar inflationär. Dass Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Solidarität etc. einzig mögliche Grundsätze des Zusammenlebens nach dem 2. Weltkrieg sein müssen, ist nicht zu bezweifeln. Wichtig ist, dass diese Prinzipien realisiert und nicht zur Abgrenzung von anderen instrumentalisiert werden. Wenn wir diese Grundsätze als europäisch bezeichnen, was heißt das? Sind sie für die EU exklusiv und gelten außerhalb nicht mehr, oder möchte Europa als Botschafter diese Werte mit allen teilen und somit auch eigene Grenzen maximal erweitern? Es ist meines Erachtens heute wichtig, ‚europäische Werte‘ im Sinne ihrer Funktion und Realisierung zu befragen. In der Ukraine, wie in ganz Europa, gibt es ambivalente Stimmungen. Rechtspopulismus, Nationalismus und Isolationismus spielen gegen Offenheit und Integration aus. Die Rechtsstaatlichkeit bleibt dabei utopisch. Die Herausforderungen sind also spezifisch und national geprägt, die Lösung – für die Ukraine und Europa – muss aber gemeinsam und grenzüberschreitend sein“, sagt die Autorin, Kuratorin und Verlegerin Kateryna Mishchenko. Sie ist Co-Autorin des Buches „Ukrainische Nacht“, ihre Essays erschienen in Sammelbänden über den Euromaidan im Suhrkamp Verlag.
Bedrohte Werte
„Für mich sind Menschrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, Gleichberechtigung und Solidarität, Frieden und Anti-Faschismus gemeinsame europäische Werte. Diese Werte sind theoretisch mehrheitsfähig ja, aber auch bedroht, sowohl in Polen als auch in Deutschland. In Polen wird der Rechtsstaat auseinandergenommen, die Unabhängigkeit von Justiz und Medien ist nicht mehr gesichert, nationalistische und rechtsextreme Einstellungen sind weit verbreitet, Frauen müssen um Grundrechte kämpfen, es ist extrem beunruhigend. In Deutschland ist die Lage anders, auch weil die Regierung nicht rechts ist wie in Polen, aber anti-demokratische und minderheitenfeindliche Entwicklungen gibt es hier auch und sie zeigen, dass jeder einzelne der oben genannten Werte weiterhin verteidigt werden muss. Die Werte an sich sind nicht verhandelbar. Die Frage ist, wie man sie umsetzt. Natürlich erklärt sich ein Begriff wie Solidarität oder Gleichberechtigung nicht von selbst; es ist nicht unbedingt klar, was sich daraus konkret ergibt, und auch so grundlegende Dinge wie Meinungsfreiheit oder Pressefreiheit sind erklärungsbedürftig und werden immer wieder missverstanden oder instrumentalisiert. Ich würde, statt in ‚unverzichtbar‘ und ‚verhandelbar‘ zu unterscheiden, eher noch einen Wert hinzufügen: Verantwortung – in Anbetracht der Geschichte, die gezeigt hat, was passiert, wenn Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit nicht gesichert sind“, so Margarete Stokowski. Sie schreibt seit 2009 als freie Autorin unter anderem für die taz und das Missy Magazine. Seit 2015 erscheint ihre wöchentliche Kolumne „Oben und unten“ bei Spiegel Online.
Besucher der Leipziger Buchmesse können den sechs Podiumsgesprächen auf dem Leipziger Messegelände im Café Europa folgen oder sich Freitagabend aktiv am Europaduell im Zeitgeschichtlichen Forum beteiligen. Erstmals betritt eine Künstlergruppe den Denk-Raum für die Gesellschaft von morgen. Various & Gould überraschen Leipziger und die Gäste in ihrer Stadt und auf dem Messegelände mit der Plakatreihe Identikits und laden zur Reflexion über Identität und Klischees ein.
Fast ein Dutzend Städte weltweit schmücken sich mit der klangvollen Metapher. Auf Bukarest mit seiner Dynamik, seiner eleganten Architektur, den stilvollen Cafés, Bühnen und Theatern trifft der Vergleich zweifellos zu – erst recht im Herzen der Stadt, dem „Leipziger Viertel“. Genau hier, in der Strada Lipscani 55, eröffnete 2015 die Buchhandlung Carturesti Carusel. Das Gebäude aus dem 19. Jahrhundert hat sich in einen Bücher-Tempel verwandelt, der die Bukarester und ihre Gäste auf magische Weise anzieht: Auf 1000 Quadratmetern, verteilt auf sechs Stockwerke, finden sich 10.000 Bücher, 5.000 CDs und DVDs, aber auch ein Bistro und eine Kunstgalerie; regelmäßig lädt die Buchhandlung zu Konzerten und Kulturveranstaltungen ein.
Carturesti Verona, eine weitere Filiale der Kette, ist für manche die schönste Buchhandlung der Welt. Kein Zweifel: Auch „Micul Paris“, das Klein-Paris des Ostens, bildet seine Leute. In der Provinz sind die Dinge komplizierter. Nicht wenige der großen Verlage wie Polirom, Humanitas, Litera oder Art verfügen über eigene Buchhandlungen. Während die Plattform elefant.ro im Online-Handel immer wichtiger wird, sind kleine, unabhängige Buchhandlungen nur sehr selten zu finden.
Wiederholt sind die wortgewaltigen Phantasmen von Mircea Cărtărescu für den Nobelpreis vorgeschlagen worden; für seine „Orbitor“-Trilogie erhielt er 2015 den Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung. Innerhalb von zehn Jahren hat er das 1.800-Seiten-Werk geschrieben. Sein neuer Großroman „Solenoid“, der 2019 in der Übersetzung Ernest Wichners auf Deutsch erscheinen wird, ist bislang – höchst erfolgreich – in Spanien und Katalonien herausgekommen und wurde in zehn Sprachen verkauft. An einem sonnigen Bukarester Januarmorgen trifft sich Cărtărescu in einer Filiale der Buchhandlung Humanitas zum Gespräch mit seinem deutschen Übersetzer.
Durchs Schaufenster fällt unser Blick auf den Boulevard Regina Elisabeta – und auf jede Menge marode Jugendstil-Fassaden, einige mit großen „Zu verkaufen!“-Transparenten. Für den Schriftsteller ist der Boulevard ein magischer Ort: „In meiner Kindheit kam ich hierher, um ins Kino zu gehen – das war der Kino-Boulevard, allein in dieser Straße gab es um die 20 Kinos. Wir gingen hinein, um uns die nackten Brüste der Stuckdamen im dämmrigen Kinosaal anzuschauen. So etwas konnte man sonst nicht sehen, weil die Kommunisten so prüde waren.“ Cărtărescu hat sich der Kino-Boulevard mit seinem blätternden Jugendstil-Charme tief eingeprägt: „Es war der Anfang meines Wegs in die Welt.“
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