Die Geschichte der alleinerziehenden Sozialhilfeempfängerin, die für ihr unverlangt eingesandtes Roman-Manuskript 12 Absagen kassierte, bevor sich ein Verlag doch erbarmte und mit 500 Exemplaren startete, ist Legende: Die Frau heißt Joanne K. Rowling, ihr Buch „Harry Potter und der Stein der Weisen“ war in den Neunzigern der Auftakt zu einer der erfolgreichsten Fantasy-Serien aller Zeiten. Der Start unter erschwerten Bedingungen ist im Literaturbetrieb beileibe kein Einzelfall, Bestsellerautoren von John Grisham bis Sebastian Fitzek können ein Lied davon singen. Man fragt sich augenreibend, wie viele Milliarden an Verlagen vorbeirauschen, weil kommerzielle Potenziale einfach übersehen werden? Und was wäre, wenn ein Algorithmus die DNA hinter den Bestsellern entschlüsseln könnte, bevor sie verlegt werden?
Mit ihrem Startup QualiFiction haben Gesa Schöning und Ralf Winkler eine solche Software zur Vorhersage von Bucherfolgen entwickelt. Das ist kein Hexenwerk, wie Winkler erklärt: „Wir zerlegen ein Werk in seine Einzel-Disziplinen – von Themen und Spannungsverlauf bis zu elementaren statistischen Werten, etwa die Zahl der Wörter oder die mittlere Satzlänge. Damit füttern wir dann unsere Computer und berechnen eine Bestseller-Prognose für das Werk.“ Die Trefferquote liegt inzwischen bei beachtlichen 77 Prozent. Das macht die Software von QualiFiction für Verlage interessant, die in der Flut unverlangt eingereichter Manuskripte ertrinken – und ein analytischeres Verhältnis für ihre Texte entwickeln wollen. Im Land der Dichter, Denker und Original-Genies kommt da natürlich sofort Skepsis aus: Wo, wenn nicht in der Belletristik-Produktion ist programmierbare Kreativität gefragt? Arbeitet man mit einem „Bestseller-Code“ nicht an der Entzauberung der Literatur? Ralf Winkler lacht – und verweist aufs Feld der Musik: „Keiner würde sagen, dass die Musik langweilig und berechenbar ist, nur weil wir wissen, dass ein Dur-Akkord aus bestimmten Frequenz-Verhältnissen besteht.“
Zusammengetroffen sind Gesa Schöning und Ralf Winkler über eine Ausschreibung auf der Gründer-Plattform founderio.com. Schöning, die aus einer Lübecker Buchhändlerfamilie stammt, war nach einem Studium der Kulturwissenschaft in den Bereichen Medizintechnik/Konsumgüterindustrie in der Gründerszene aktiv; der promovierte Mathematiker Winkler hatte zuletzt für Zalando an Data-Science-Methoden gearbeitet: „Es hat mich gereizt, aus Daten Erkenntnisse zu entwickeln, die einem helfen, Dinge zu entscheiden – besser, als aus dem Bauch heraus. Nun können wir das Ganze mit einem tollen Produkt verbinden.“ Für die Weiterentwicklung ihrer Software erhielten sie das Exist-Gründerstipendium des Bundeswirtschaftsministeriums, seit letztem Mai profitieren sie vom InnoRampUp, einer Förderung der IFB Hamburg für technologiebasierte Startups in der Hansestadt.
Zielgruppen-Erweiterung dank Neuland 2.0
Die Nominierung für Neuland 2.0, der Innovation-Area der Leipziger Buchmesse, war für die Hamburger Gründer so etwas wie ein Hauptgewinn – und das gleich auf mehreren Ebenen. Zielte ihr Angebot bislang hauptsächlich auf Verlage, führten die Erfahrungen von Leipzig dazu, die Ausrichtung noch einmal zu modifizieren – und auch Autoren als Zielgruppe stärker in den Blick zu nehmen. „Viele Autoren, die über standardisierte Verlags-Absagen frustriert sind, würden ein objektives Feedback schätzen“, ist Schöning nach vielen Messe-Gesprächen überzeugt. „Der Platz im Neuland 2.0 war nicht zuletzt deshalb toll, weil wir unser Angebot punktgenau adressieren konnten.“ Aktuell haben die Hamburger deshalb ihre Marketing-Aktivitäten verstärkt und einen noch bis Ende September laufenden Wettbewerb ausgeschrieben, in dem nach dem Roman-Bestsellerautor 2.0 gesucht wird – dem Text mit dem höchsten Bestseller-Score winkt ein Verlagsvertrag beim Hamburger Feuerwerke Verlag. Das i-Tüpfel in Leipzig war für Schöning und Winkler der Gewinn des mit 3000 Euro dotierten Business-Preises, der für deutlich verstärktes Medien-Echo sorgte – intensive Gespräche mit möglichen Verlagskunden inklusive. Auf der Leipziger Buchmesse 2019 wird Qualifiction das Preisgeld in einen eigenen Stand investieren und freut sich auf weitere spannende Kontakte mit Verlegern, Autoren und Besuchern.
Momentan stemmen die Hamburger Gründer die Entwicklung ihres Startups aus Bordmitteln. „Um noch mehr Drive zu entwickeln“, sagt Gesa Schöning, „werden wir zukünftig auch mit potenziellen Investoren Gespräche führen.“ Kurz vorm Launch der Produkte LISA (Literatur-Screening & Analytik) und Bestseller-DNA haben sich die beiden geschäftsführenden Gesellschafter von QualiFiction noch einmal personell verstärkt: Neben Algorithmen-Fuchs Ralf Winkler, der die „Produktorchestrierung“ verantwortet, und Gesa Schöning, die käufmännische Aspekte und Marketingfragen fest im Blick hat, ist Carsten Evers (Bildmitte) an Bord gekommen – er betreut nun die technische Infrastruktur. In gerade einmal anderthalb Jahren hat QualiFiction gezeigt, dass in kommerziellen Erfolgsromanen mehr steckt, als naserümpfende Kritiker meinen. Die Arbeit des Startups hat das Zeug dazu, die Arbeit von Verlagen und Autoren nachhaltig zu verändern.
Der Abend ist lau, Wespen kreisen über dem Bistrotisch. Wir sitzen in einem dieser Cafés in Schleußig, in denen junge Menschen mit einem Chai Latte in aufgeklappte Notebooks blicken. Und das ausdauernd. Auch Michael Damm ist regelmäßig hier, nachdem er vor kurzem von Dresden nach Leipzig zog. Seit sich der Enddreißiger für das Schülermagazin Spiesser um neue Geschäftsbereiche kümmerte, ist er als Kommunikations-Dienstleister unterwegs – zunächst selbstständig, später als Key-Accounter für die Chemnitzer Agentur Zebra, seit Juni für die Leipziger Westend Communication. Dazu ist er Leser, und das – „ganz konservativ!“ – fast ausschließlich auf Papier. Einer allerdings, der sich nicht zwischen Buchdeckeln vergräbt, sondern sich beunruhigt fragt, warum der Buchmarkt in den letzten Jahren mehr als sechs Millionen Leser verloren hat – so die Zahlen einer GfK-Studie im Auftrag des Börsenvereins. Wenn Damm über mögliche Ursachen nachdenkt, nimmt er als in der Wolle gefärbter Werber auch die Buch-Vermarktungsstrategien im digitalen Raum kritisch in den Blick: „Ich glaube nicht, dass man die Leser in Webshops mit briefmarkengroßen Covern und Preisschild begeistert.“ Der Kern eines Buchs, so ist er überzeugt, ist seine Geschichte. „Gute Geschichten bleiben. Wenn wir den Menschen die zur Verfügung stellen, spannende Leseproben ins Netz packen, wird das Buch auch weiter gelesen.“
Damit war, vor mehr als drei Jahren, die Idee für die App lesio geboren: Ohne etwas über Autor, Verlag oder Titel zu wissen, lässt sie Nutzer in die Geschichten einsteigen. Mit einem Klick kann man mehr über das Buch erfahren und es kaufen. Oder man schüttelt sein Smartphone – und lesio zaubert eine neue Geschichte aufs Display. Seine drei Mitstreiter – zwei Software-Entwickler und einen Projektmanager – fand Damm über den Gewinn des Businesspreises eines Shop-Anbieters: Als der Startup-Booster von VersaCommerce abgeräumt war, rief der IT-Chef der „Sächsischen Zeitung“ an: „Mensch, klingt interessant. Hast du schon Programmierer?“ Spätestens, als die vier Macher des mittlerweile gegründeten Startups neocampus das lesio-Konzept in Hamburg auf der Eisbrecher-Tour des Börsenvereins vorstellten, gingen auch bei großen Branchen-Playern wie Libri die Lampen an. Dennoch erwies sich das Problem, mit einem Generalanbieter für die Inhalte ins Geschäft zu kommen, als knifflig; schließlich dürfte die Qualität des Contents der Schlüssel für den Erfolg des Projekts sein. Als dieser Anbieter mit Libreka gefunden war, schien der Bau des eigentlichen Frontends nur noch Handwerk. „Am Ende wurde es aber ein harter Marathon, weil wir unbedingt im März 2018 fertig sein wollten.“
Tolles Feedback in Leipzig
Die Nominierung von lesio für Neuland 2.0, der Innovation-Area der Leipziger Buchmesse, wirkte dabei extrem motivierend. „Wenn wir überhaupt ohne großes Budget Resonanz erzeugen wollen, kann das nur im Rahmen einer Buchmesse funktionieren“, ist Michael Damm überzeugt. Leipzig hat den vier jungen Gründern denn auch „enorm geholfen“. Das Konzept überzeugte, auch wenn die App noch nicht fehlerfrei lief – nur knapp schrammte lesio am Gewinn des Publikumspreises vorbei und konnte sich immerhin als Sieger der Herzen fühlen. „Wir hatten an beiden Tagen tolle Gespräche und viel positives Feedback“, erinnert sich Damm. „Junge Messebesucher haben die Nähe zum Smartphone gelobt und sinnvolle Anregungen gegeben. Die von vielen gewünschte Genre-Vorauswahl werden wir jetzt ausrollen.“ Nicht nur das allgemeine Publikum war begeistert, auch kleine und große Verlage oder eine Kaufhauskette zeigten sich angetan. „Es war hart, aber unglaublich lehrreich“, so Damms Neuland 2.0-Fazit: „So ein Kundenfeedback bekommst du sonst ja nur, wenn du dich selbst auf die Straße stellst.“
Ein halbes Jahr nach Leipzig hat sich bei lesio erneut allerhand getan: Das Layout der Leseproben wurde harmonisiert, dem Leser-Wunsch nach einer Punchline, einem „starken ersten Satz“ entsprochen; dazu ist die Zahl der verfügbaren Texte von rund 500 im Frühjahr auf zirka 17.000 gestiegen. Für die Zukunft ist daran gedacht, dass auch Selfpublisher Leseproben einpflegen oder Verlage ihre Texte – als Ads gekennzeichnet – prominenter platzieren können. Auch Gespräche über solitäre Lösungen werden mit Verlagen und Händlern geführt – die Kraft der Idee hinter lesio wird offensichtlich erkannt. „Die Branche handelt mit einer Ware, die sich im Kern seit 500 Jahren nicht verändert hat“, sagt Damm. „Ein Buch ist ein Buch ist ein Buch. Nun ändert sich diese Welt rasant, und es werden neue Antworten gesucht. Spannend, hier dabei zu sein.“ Längst ist es dunkel geworden, Laptop- und Smartphonedisplays im Café bilden kleine digitale Lagerfeuerchen – und auch für Michael Damm wird es Zeit. Nachtschicht, das Los der Gründer. In sechs Monaten, zur Messe, sehen wir ihn wieder. Wetten?
Nichts hätte einen weiteren Besucherrekord der diesjährigen Leipziger Buchmesse aufhalten können. Nichts – außer: Schneefall und die Bahn! Das meteorologische Tief zog von dannen und irgendein Hoch folgt immer. Anders das Tief über der Branche, die eine Million Leser, die der deutschsprachige Buchhandel in diesem noch jungen Jahrhundert jährlich abdriften sieht. Doch wo etwas verloren geht, schaut man sich besser genauer um. Denn kein Wachstumsdiagramm der Branche weist so unaufhaltsam nach oben wie das des Buchs unter Live-Bedingungen – siehe Leipzig.
Die Nachfrage auf die Begegnung mit Autoren, Übersetzern, Kritikern, die mit ihren Büchern, Themen und Diskussionen das A und O einer offenen Gesellschaft vorleben, nimmt seit Jahren zu. Das vermeintlich „gute, alte Lesen“ mag an Sichtbarkeit verloren haben. Das Vorlesen, der kollektive Austausch, das Buch als Begegnungsstifter wird wesentlicher. Die schönste Arena für ein Buch ist der Autor im Gegenüber seiner Leser.
Um Bücher, die erlebbar werden, bildet sich derzeit ein anspruchsvolles Auditorium. Es ist frei von altem Distinktionsdünkel und es versichert sich der Welt im Angesicht ihrer genauesten Beschreiber: Autoren, Wissenschaftler, Übersetzer, Kritiker, Illustratoren. Die Veranstaltung ist nicht mehr nur Buchvermittlung. Sie stellt auch Zeit bereit, in der wir einmal nicht „available“ waren, sondern in Gemeinschaft. Zeit, in der wir im Autor schon gelesen haben, ehe wir Muße fanden, das Buch aufzuschlagen. Die Optimierungskultur hat längst unsere Aufmerksamkeitsökonomie erreicht. Der Umsatz an Büchern, Emotionen, Leserbindung aber nimmt dort zu, wo Autoren und Leser sich gelingend begegnen. Denn die mächtigste Achse zwischen Buch und Käufer ist die Blickachse zwischen Autor und Publikum. Und gute Unterhaltung ist ein Hochleiter für all das Wissen und all die Unterscheidungskunst, die wir heute mehr denn je brauchen.
Es sind die Leseprogramme der Buchhandlungen, die Festivals, die Literaturhäuser, die Bildungszentralen, die Schul- und Kinderlesungen, es sind all diese Kleinprogrammierer, die seit Jahren den Unterschied machen, der jetzt erkannt werden will. Denn dort bei den Lesungen mehren sich Kundschaft und Leser. Das Literaturhaus Frankfurt und seine beteiligten Buchhandlungen haben in den letzten acht Jahren ein Umsatzplus an Buchverkäufen bei Lesungen von durchschnittlich jährlich zehn Prozent verzeichnet. Das ist nichts Flüchtiges, das ist nur ein Beispiel für das förderbare Interesse. Diesem Auditorium geht es um Teilhabe, Erkenntnis, Gefühl, um Wahrhaftigkeiten, um Spaß an Literatur, um pixelfreie Erfahrung: „Die Realität wird wieder zum wichtigsten Ort auf dieser Welt“ (Thomas Hettche).
Wenn es stimmt, dass die größte unabhängige Verkaufsfläche für ein Buch der Autor in der Begegnung mit seinen Lesern ist, dann sollten sich alle Beteiligten hinterfragen. Die Erwartungen an die Distributoren der Zukunft steigen, ihre Aufgaben werden komplexer. Für die Verlage, den Buchhandel, die Autoren und die Veranstalter wird es dabei nicht um Schubumkehr, sondern um Liebe zum Detail gehen. Sie alle lernen jetzt, was ihre potenzielle Kundschaft technologisch und als Anspruchshalter schon alles beherrscht und ihnen voraushat. Es geht um Gegenwärtigkeit für alle, um Unterhalt und Unterhaltung. Es geht um Zukunft. Es geht um Leserbindung und Wachstumsmarkt für den Weltkiosk Buchhandlung. Es geht um Signierschlangen und Präsenz. Es geht um Anschluss an die Präsentationsstandards der Besten. Denn jede Veranstaltung ist nur so groß, wie ihre Form und ihr Inhalt es zulassen, jede schlechte Veranstaltung kostet Leser.
Es gibt größere Branchen, in denen weitaus kleinere Dinge – Cupholder und Müdigkeitswarner – über Serienerfolg oder -flop entschieden haben. Der künftige Umsatz von Literatur wird abhängen von dem Leserverständnis und dem Vermittlungs-Know-how, das wir jetzt aufbringen.
Hauke Hückstädt, geboren 1969 in Schwedt/Oder, leitet seit 2010 das Literaturhaus Frankfurt und ist seit mehr als 20 Jahren als Veranstalter tätig.
Der Text wurde zuerst publiziert in: Börsenblatt – Wochenmagazin des Deutschen Buchhandels, Heft 13/2018
Jens Hirt ist Fachmann für Kommunikation. Der Germanist und Historiker beschäftigt sich mit persuasiver Kommunikation sowie Bild- und Markenkommunikation. Sein neues Buch heißt „Kommunikation Jetzt!“ und ist überall, auch etwa auf Amazon zu erwerben. Als Wissenschaftler, Dozent und Redner arbeitet er für internationale Hochschulen und für die Wirtschaft.
Tim Sarianidis, geboren in Frankfurt a. M., ist Autor – sein Abenteuer-Roman erscheint im April und heißt „Der Schwarze Wal“ –, Hochschuldozent, freiberuflicher Video- und Bildjournalist, Fußballfan und Musiker.
Ausnahmezustand Neuzeit:
Viel spricht für eine außergewöhnliche Zeit, in der wir gerade leben: Das Ende der Nachkriegszeit und die Spätphase des Kapitalismus sind angebrochen. Die Digitalisierung – oder auch Industrie 4.0 – verändert unsere Gesellschaft, die Folgen vom Ende des Dualismus zwischen Ost und West werden jetzt erst in zahlreichen Krisen sichtbar.
Wir beschäftigen uns mit solchen Entwicklungen, mittels einer historischen Perspektive. Medien und Medienereignisse sind auch Teil unserer Betrachtungen.
Seit wann sind Sie Buchblogger und warum sind Sie es geworden?
Seit November 2015. Wir haben davor schon klassisch geschrieben und veröffentlicht. Der Schritt ins einfachste Medium für Massenpublikation seit Menschengedenken war nur logisch. Wir sind keine reinen Buchblogger, auch wenn wir das eine oder andere Sachbuch vorstellen.
Was ist Ihr Thema bei den buchmesse:blogger sessions auf der Leipziger Buchmesse und warum haben Sie es gewählt?
Wir sind der Meinung, dass viele liberale Menschen, vor allem aus dem Mittelstand, sich in den letzten Jahren zu wenig mit Politik und Geschichte beschäftigt haben. Die Folgen einer relativen gesellschaftlichen Erstarrung sind die Krisenphänomene unserer Zeit. Wir schauen auf die Polarisierung und erklären sie aus der Geschichte heraus.
Der berühmte erste Satz in einem Buch: Haben Sie einen Favoriten?
Jens Hirt: „The major advances in civilization are processes that all but wreck the societies in which they occur.“ – „The Medium is the Message“, Marshall McLuhan.
Tim Sarianidis: „The music-room in the Governor’s House at Port Mahon, a tall, handsome, pillared octagon, was filled with the triumphant first movement of Locatelli’s C major quartet.“ – Patrick O’Brian, Master and Commander
Ich heiße Jochen Kienbaum, lebe und lese in Berlin, bin Journalist von Beruf und Literaturblogger aus Berufung. »lustauflesen.de« ist mein öffentliches Lesetagebuch, Notizblock zum literarischen Leben und Sammelmappe für Buchbesprechungen. Der Schwerpunkt liegt auf gehobener Belletristik, aber auch Klassiker und ausgewählte Sachtitel finden ihren Platz.
Seit wann sind Sie Buchblogger und warum sind Sie es geworden?
Den Startschuss vernahm »lustauflesen.de« im Jahr 2001, ursprünglich um HTML zu erlernen und das noch junge WorldWideWeb zu ergründen. Aber weil Webseiten ohne Inhalt blöd sind, füllte ich sie mit Texten über Bücher und Literatur. Das erschien mir damals als passend, bin bis heute dabei geblieben und so lange es Spaß bereitet, mache ich weiter.
Was ist Ihr Thema bei den buchmesse:blogger sessions auf der Leipziger Buchmesse und warum haben Sie es gewählt?
»Hören wir auf zu kuscheln, lasst uns laut und stachelig werden!« Dieser Aufruf entwuchs einer Laune im Anschluss an eine längere Facebook-Diskussion darüber, was BloggerInnen antreibt, das Internet mit »netten« Texten über Bücher vollzuschreiben und warum das selten als relevant und wichtig wahrgenommen wird. Wir, das sind Katharina vom Blog »54books«, Tobias vom Blog »Buchrevier« und ich, wollen ein wenig sticheln und anschließend in der Runde deabttieren, an welchen Ecken (und Fronten) des »Literaturbetriebes« sich Blogs und ihre MacherInnen unbequemer und engagierter positionieren könnten (oder sollten). Falls das niemanden interessiert, machen wir uns bei den blogger:sessions einfach eine schöne halbe Stunde.
Der berühmte erste Satz in einem Buch: Haben Sie einen Favoriten?
Wieviel erste Sätze sind in meinem Leseleben an mir vorbeigezogen? Ich kanns nicht beziffern. Wie sollte ich da einen Liebling nennen?! Vielleicht den: »Stately, plump Buck Mulligan came from the stairhead, bearing a bowl of lather on which a mirror and a razor lay crossed.« Denn »Ulysses« von James Joyce treibt mich dauerhaft um und wird mich auch künftig weiter beschäftigen, neben zwei, drei anderen Romanen.
Ihr Programmtipp zur Leipziger Buchmesse?
Ach, die Messe an sich ist mein Tipp. Sie ist Familientreffen, Betriebsausflug, Kontaktbörse, Rummel und Abenteuerspielplatz. Pflichttermin und Höhepunkt am ersten Messetag ist selbstverständlich die Verleihung des Preises der Leipziger Buchmesse. Immer einen Besuch wert sind ferner die Lesungen und Gesprächsrunden im Forum »Die Unabhängigen« in Halle 5; hier lassen sich abseits des Mainstreams wundervolle Literatur und großartige AutorInnen entdecken.
Hi, ich bin Susanne und ich liebe es, Visionen in die Tat umzusetzen. Ich mag Kommunikation auf Augenhöhe und hege eine tiefe Leidenschaft für neue Techniken und Ideen, Social-Media und die Vernetzung von Menschen. 2016 gewann ich den Orbanism Award in der Kategorie „Persönlichkeit des Jahres“. Über schamlose E-Mails freue ich mich ebenso wie über vegane Keksspenden. Literaturschock ist ein Literaturportal mit aktiver Community, mehreren tausend Rezensionen, Autoreninterviews, Literaturverfilmungen und vielem mehr.
Seit wann sind Sie Buchbloggerin und warum sind Sie es geworden?
Mein Leben verlief bis zum Jahr 2000 völlig ereignislos, bis ich mit Literaturschock eine der ersten Literatur-Communities Deutschlands gründete. Seit fast 20 Jahren tausche ich mich dort online mit Leser*innen aus, diskutiere mit ihnen über Bücher, organisiere Leserunden, Leseaktionen und Blogtouren. Ich liebe es, andere für die Literatur zu begeistern, betreibe organisiertes Chaos und biete unter Social-Reading.media einen Autoren- und Verlagsservice.
Was ist Ihr Thema bei den buchmesse:blogger sessions auf der Leipziger Buchmesse und warum haben Sie es gewählt?
Ich rede über Sicherheit. Sicherheit von Blogs und Sicherheit von Social Media. Wie bewege ich mich sicher im Internet und wie schütze ich mich vor Hackangriffen auf meine Website oder meine Social Media-Accounts.
Das Thema Sicherheit und Medienkompetenz ist für mich eines der wichtigsten überhaupt. Wir müssen alle darüber nachdenken, wie wir Risiken und Gefahren minimieren und auch, wie wir unsere Daten am besten schützen.
Der berühmte erste Satz in einem Buch: Haben Sie einen Favoriten?
Die WeLoveBooks Literaturplattform wurde von Larena Delacruz und Daniel Allertseder im Mai 2015 gegründet. Ziel des Projekts war von Anfang an, Bücher zu lesen und ehrliche Meinungen zum Gelesenen auf der Website zu veröffentlichen. Ein besonderer Schwerpunkt ist auch die Literatur der Selfpublisher, die wir, so gut es uns möglich ist, unterstützen und mit der PR des Buches helfen. Neben klassischen Rezensionen haben wir auch ein eigenes Online-Magazin, in dem wir in unregelmäßigen Abständen über Neuerscheinungen, Veranstaltungen und Kurioses aus der Buchbranche berichten; in unserer Autorencommunity können zudem Autoren über Alles und Jenes diskutieren. Und wer wir sind? Wir beide sind Autoren, Literaturbegeisterte und humorvolle Menschen, die nicht nur zwei Leidenschaften teilen, sondern auch Hand in Hand zusammenarbeiten. Wir lesen von zeitgenössischer Literatur bis hin zu Theater, Lyrik und Essays. Begonnen habe ich, Daniel, zum Beispiel nur mit Thrillern, bin jetzt nach drei Jahren aber überwiegend in einer ganz anderen Sparte unterwegs – der Belletristik, also gesellschaftskritische und zeitgenössische Romane. Larena bewegt sich ebenfalls in diesem Genre, wir beide lesen aber auch gerne Fantasy oder Bücher wie Harry Potter, Tribute von Panem oder »Die Insel der besonderen Kinder« – das darf ja auch mal sein. Und das sind wir. WeLoveBooks.
Seit wann sind Sie Buchblogger und warum sind Sie es geworden?
Larena und ich sind Buchblogger geworden, weil wir mit so vielen Leuten wie möglich über Literatur sprechen wollten. Was wir an gewissen Werken gut fanden, was schlecht. Im Mai 2015 starteten wir dann mit »WeLoveBooks«, unserem Blog, den wir bis heute mit Elan und Ehrgeiz hegen und pflegen. Wir lieben Bücher und die Literatur, sind selbst Autoren, sodass dies eine gute Kombination ist um über Bücher zu berichten. Irgendwann bauten wir die Website aus, wir wechselten zu einer eigenen Domain und zu immer mehr Inhalten, und es macht heute noch genauso viel Spaß wie am ersten Tag – neue Ideen entwickeln, Neuerscheinungen und Presseschwerpunkte lesen und besprechen, die Zusammenarbeit mit den großartigen Verlagen und die zahllosen Kontakte zu wunderbaren Menschen, die wir immer beibehalten wollen – dieses großartige Netzwerk aus Bloggern, Leser, Verlage und Autoren ist unsere Welt, und wir lieben es!
Was ist Ihr Thema bei den buchmesse:blogger sessions auf der Leipziger Buchmesse und warum haben Sie es gewählt?
Wir dürfen auf der Buchmesse über unser Thema »Verlagskommunikation und Rezensionspolitik« referieren, und wir haben uns dieses Thema ausgesucht, weil wir Anfängern in der Welt der Buchbloggerei zeigen wollen, wie eine reibungslose Verlagskommunikation funktionieren kann und wie man eine Rezension und ein Buch positiv präsentiert.
Der berühmte erste Satz in einem Buch: Haben Sie einen Favoriten?
Natürlich: »Mr und Mrs Dursley im Ligusterweg Nummer 4 waren stolz darauf, ganz und gar normal zu sein, sehr stolz sogar.« The one and only Harry Potter – unsere ersten Lieblingsbücher und unser größter, magischster Kontakt mit Büchern.
Ihr Programmtipp zur Leipziger Buchmesse?
»Verlagskommunikation und Rezensionspolitik« um 13:30 Uhr im Fachforum 1, Halle 5 – kleiner Scherz am Rande; sehr interessant klingt die Lesung von Wioletta Greg über ihr Debüt »Unreife Früchte« im Polnischen Institut, welches ich, Daniel, höchstwahrscheinlich besuchen werde, da ich Gegenwartsliteratur liebe und das Buch selbst schon gelesen habe – aber ich bin spontan und hätte auch den MDR Sputnik Litpop XI im Auge.
Gemeinsam mit Tilman Winterling, Samuel Hamen, Dr. Matthias Warkus und Katrin Schuster schreibe ich auf 54books.de über moderne Gegenwartsliteratur und Klassiker.
Seit wann sind Sie Buchblogger und warum sind Sie es geworden?
Ich habe 2013 auf einem anderen Blog angefangen, seit 2017 schreibe ich auf 54books – weil ich halt gerne lese und schreibe und mich gerne über Gelesenes austausche. Dieser Wunsch, sich über Gelesenes auszutauschen, ist ja so alt wie das Lesen in seiner heutigen Form selbst, ich verstehe deswegen immer die Verwunderung, die Buchblogger auslösen, die genau das tun wollen, nicht.
Was ist Ihr Thema bei den buchmesse:blogger sessions auf der Leipziger Buchmesse und warum haben Sie es gewählt?
Unser Thema ist „Ende der Kuschelzeit“, und ich habe es nicht gewählt, sondern es hat mich gewählt: Tobias Nazemi und Jochen Kienbaum haben mich gefragt, ob ich mitmachen will. Vermutlich deswegen, weil ich so kuschelig bin, ganz sicher bin ich mir da aber auch nicht.
Der berühmte erste Satz in einem Buch: Haben Sie einen Favoriten?
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