Ich wohne nicht einfach in Leipzig. Ich wohne wahlweise in der Bachstadt, der Messestadt, der Autostadt, der Wasserstadt oder der Sportstadt. Das ist manchmal ein bisschen ermüdend. Denn es kommen immer noch neue Titel und Namen hinzu. Ganz aktuell: Die am schnellsten wachsende Großstadt Deutschlands. Einen Superlativ gibt es allerdings, den kann man gar nicht oft genug erwähnen: Leipzig liest – das größte Lesefest Europas. Das größte Lesefest in Verbindung mit der Buchmesse der Herzen – das ergibt bei mir zusammen ungefähr so viel Vorfreude wie Geburtstag und Weihnachten zusammen bei meinen Kindern. Aber auch die Tage vor und nach Leipzig liest bleiben literarisch geprägt: Über das ganze Jahr wirken viele junge Literaturmacher und eine Vielzahl kleiner und mittlerer Verlage in Leipzig. Nicht umsonst bekam Leipzig in den Medien den Beinamen: „Ungekrönte Königin der jungen deutschsprachigen Literatur.“ Leipzig wird erfolgreiche Literaturstadt bleiben, weil der Standort viel früher als alle anderen auf das wichtigste Thema der Branche gesetzt hat: Literaturvermittlung. Ganz Leipzig lauscht eben, wenn Leipzig liest.
Claudius Nießen, geboren 1980 in Aachen, studierte am Deutschen Literaturinstitut Leipzig, dessen Geschäftsführer er seit 2008 ist. Unter dem Label Clara Park entwickelt er Literaturveranstaltungen und berät öffentliche Einrichtungen, Stiftungen und Unternehmen in Fragen der Kunst- und Kulturförderung. Die von ihm betreute Lange Leipziger Lesenacht ist einer der Magneten von Leipzig liest.