Autor: Nils Kahlefendt

Foto: ©Wagenbach Verlag

„Leipzig ist wichtiger geworden“
16. Oktober 2022
Interview mit Susanne Schüssler, Verlegerin des Wagenbach Verlags
Autor: Nils Kahlefendt

Foto: ©Wagenbach Verlag

„Leipzig ist wichtiger geworden“
16. Oktober 2022
Interview mit Susanne Schüssler, Verlegerin des Wagenbach Verlags

Was bedeutet Ihnen die Leipziger Buchmesse?

Susanne Schüssler: Leipzig ist in all den Jahren eher wichtiger geworden, als Autoren- und Lesemesse und durch die Themen, die hier verhandelt werden. Ich denke in erster Linie an den speziellen Blick Richtung Osten – wir sehen ja aktuell, was es bedeutet, die Länder Ostmitteleuropas nicht ausreichend auf dem Radar zu haben. Der Kontakt zu den Leserinnen und Lesern ist deutlich intensiver als in Frankfurt. Und was mir persönlich sehr gut gefällt: Dass man einfach mehr Zeit für Gespräche hat.

Leipzig ist in all den Jahren eher wichtiger geworden, als Autoren- und Lesemesse und durch die Themen, die hier verhandelt werden.

Susanne Schüssler, Verlegerin des Wagenbach Verlags

Sie haben sich bereits für April 2023 angemeldet?

Schüssler: Ein Wermutstropfen. Für uns wäre März der bessere Termin gewesen; es ist wichtig, dass die neuen Bücher bei Erscheinen ein Forum finden.

Und dennoch sind Sie dabei…

Schüssler: Natürlich! Wir wollen auf all die Dinge, die ich schon genannt habe, nicht verzichten. Zum Osteuropa-Schwerpunkt kommt ja 2023 auch das Gastland Österreich, eine Literaturlandschaft par excellence. Wir freuen uns, dass wir Milena Michiko Flašar 

eine der spannendsten jüngeren Autorinnen Österreichs, mit ihrem neuen Roman nach Leipzig bringen werden. Ihre beiden bei uns erschienenen Romane „Ich nannte ihn Krawatte“ und „Herr Katō spielt Familie“ liefen bei uns sehr erfolgreich, insofern haben wir große Erwartungen.  

Sie mussten drei Jahre in Folge ohne Leipzig auskommen – gibt es Phantomschmerzen?

Schüssler: Natürlich lässt sich auch mal eine Zeit überbrücken, man kann Termine online machen. Aber die Betonung liegt deutlich auf „mal“. Eine Messe wie die in Leipzig lässt sich nicht auf Dauer kompensieren. Die Leser müssen ‚ihre’ Verlage sehen können, wir müssen mit Journalistinnen und Journalisten Gespräche führen können, Buchhändlerinnen und Buchhändler treffen – nicht am Splitscreen, sondern indem man sich gegenübersitzt. Auf Dauer kann man darauf nicht verzichten, da geht etwas verloren.

Aktuell schießen die kosten durch die Decke, manche für die Backlist wichtigen Nachauflagen lassen sich nur unter Schmerzen realisieren. Wie wichtig ist die Messe vor diesem Hintergrund?

Schüssler: Ich glaube nicht, dass wir in unserer Branche im Frühjahr schon eine Entspannung haben. Die Preise, die wir für die Frühjahrsproduktionen anfragen, geben nicht gerade Anlass zu Hoffnung…

Aber an der Messebeteiligung zu sparen ist für Sie auch keine Alternative? Schüssler: Große Verlage haben andere Möglichkeiten, ihre Bücher sichtbar zu machen. Komplexe Themen, oft zu Unrecht als „schwierig“ geltende Autorinnen und Autoren muss man vermitteln – und dazu braucht es die komplexen Verbreitungsmechanismen unserer Branche in ihrer ganzen Vielfalt, vom Vertretergespräch bis zur Buchmesse.      

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Susanne Schüssler, geboren 1962 in München, lebt seit über 30 Jahren in Berlin. Die promovierte Philologin ist Verlegerin des Wagenbach Verlags.

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