„Regina Moths rief von der Buchmesse aus bei uns an und fragte, ob sie zum Abendessen einen Mann mitbringen dürfte; er hätte Hunger, wäre sehr nett und außerdem würde sie einen kleinen Anschlag auf ihn planen.“ Münchens schönste Buchhändlerin und Chefin des interessantesten (und mehrfach preisgekrönten!) Buchladens der Stadt war jener Tage in Leipzig unser Gast.
Keine 20 Minuten später kamen sie: Regina, eine ihrer Mitarbeiterinnen und ein großer, schmaler Mann mit langem Haar, welches ihm bei jeder Kopfbewegung ins Gesicht fiel. Er sah aus wie jemand, der am liebsten in Ruhe gelassen werden wollte. „Das ist der Christian“, sagte Regina und schubste ihn in mein Atelier, an den runden Tisch, unter die große Lampe. Er trug eine imposante Brille, das sah ich, als das Lampenlicht sein Gesicht für einen Augenblick, während er die Haare zu verscheuchen suchte, erhellte. Sympathisch sah er aus, und auch so, als hätte er seit Tagen nicht geschlafen und nur sehr wenig gegessen. Reginas Freunde waren auch unsere Freunde, unbesehen! Dieser aber war es wert, genauer betrachtet zu werden. Er hatte etwas an sich, das auch das scheueste Tier aus dessen Versteck hervorlocken konnte, so wunderte ich mich nicht, als Becks Kater wie aus dem Nichts auf der Fensterbank erschien. Sogar unser Sohn, der seinerzeit nur mit Tieren zu reden pflegte, kam aus seiner Höhle und setzte sich zu uns an den Tisch. Auch er hatte Haare, die das Gesicht versteckten.
„Bevor du dich an Becks Risotto labst, musst du einen Blick in dieses Buch werfen“ sagte Regina zu Christian und legte auf seinen Teller mein Busenwunder-Dummy. So war das. Ein Jahr darauf kam das Buch im Secession Verlag auf die Welt 🙂
Yvonne Kuschel, geboren 1958 in Danzig, ist Zeichnerin, Illustratorin, Autorin und Fotografin. Seit 2003 lebt sie mit ihrer Familie in Leipzig. www.yvonne-kuschel.de