Herr Kaufmann, haben Sie Leipzig vermisst in den letzten drei Jahren?
Joachim Kaufmann: Sowohl die Stadt wie die Messe! Wir haben ja mehrfach beteuert, dass wir sehr gern nach Leipzig gegangen wären. Deshalb habe ich mich auch über die Berichterstattung im Frühjahr geärgert, die da so einen Ost-West-Gegensatz oder einen Konflikt kleine versus große Verlage herbeigeschrieben hat.
Wie sind Sie, salopp gefragt, in Pandemie-Zeiten ohne Messe klargekommen?
Kaufmann: Wenn ich sage, wir sind – sowohl als Kinder- und Jugendbuchverlag, wie auch als Comic- und Manga-Verlag – gut durch die Pandemie gekommen, dann klingt das in den Ohren von Messe-Machern nicht schön. Es gibt sicher keinen unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem Erfolg eines Buchsegments und dem Stattfinden von Messen. Trotzdem sind wir überzeugt, dass wir auch in Zukunft – gerade in so Community-getriebenen Bereichen wie Manga – solche Events brauchen. Mit ganz, ganz viel Aufmerksamkeit auf Leserinnen und Leser! Und das gerade, wenn es um Bücher aus der zweiten Reihe geht. Für die reine Vermarktung von internationalen Bestsellern sind Messen sicher nicht die ganz großen Marketing-Aufhänger. Aber wenn es darum geht, mit Autorinnen und Autoren besondere Bücher neu einzuführen, in den Medien die Aufmerksamkeit auf das Thema „Buch“ zu lenken – dann ist Leipzig als Leser-Messe für uns fast noch wichtiger als Frankfurt. Frankfurt, als größte Buchmesse der Welt, ist in der Mischung von b-to-b und b-to-c interessant. Der Hauptgrund, nach Leipzig zu fahren, sind unsere Leserinnen und Leser. Wir sind für 2023 bereits angemeldet – und werden in gewohnter Größe, vielleicht sogar noch etwas größer als bisher, in Leipzig auftreten.
Der Hauptgrund, nach Leipzig zu fahren, sind unsere Leserinnen und Leser.
Joachim Kaufmann, kaufmännischer Geschäftsführer des Carlsen Verlags
Wie sind Ihre Erwartungen und Projektionen für den kommenden April?
Kaufmann: Wir werden wie gewohnt ein aufwändiges Veranstaltungsprogramm auf die Beine stellen. Liebend gern würden wir, im Schulterschluss mit anderen Verlagen, auch im Bereich Manga große Namen präsentieren. Aber hier sind Events mit internationalen Stars noch immer schwer zu planen; Asien-Reisen sind – in beide Richtungen – momentan noch unsicher. Im Kinder- und Jugendbereich, bei Comics und Graphic Novels werden wir wie gehabt Aktionen an unterschiedlichen Orten auf der Messe und in der Stadt machen. Die Änderung des Hallen-Layouts der Messe und die damit einhergehende räumliche Konzentrierung der Themen Manga und Kinder- und Jugendbuch ermöglicht es uns, unsere bisher drei Standorte (Carlsen Kinderbuch/Lappan in Halle 2, Manga auf der MCC in Halle 1 und Graphic Novel belletristiknah in Halle 5) auf einer Fläche in Halle 2 zu vereinen. Auf diese Weise haben wir einen großen, geschlossenen Auftritt, auf den wir uns sehr freuen. Ein sehr zielgruppengerechter Neuzuschnitt, der optimal mit unserem Verlagsportfolio zusammengeht.
Ich weiß nicht, wie lange Sie schon nach Leipzig kommen…
Kaufmann: Gefühlt schon ewig. Während meiner Ausbildung war ich für Herder auf der Leipziger Buchmesse; das war 1992, noch im Messehaus am Markt.
Gibt es vergnügungssteuerpflichtige Rituale, auf die Sie sich besonders freuen?
Kaufmann: Ich gehe immer gern zur Buchmesse-Eröffnung. Das Gewandhaus-Orchester zu hören, ist ein phantastisches musikalisches Erlebnis. Hinterher treffe ich den Konzertmeister, der ein alter Schulfreund ist. Und natürlich treffe ich jedes Mal sehr viele Menschen aus einer Branche, in der ich auch nach 25, 30 Jahren unglaublich gern arbeite. Es sind die Messen, auf denen diese oft zufälligen Begegnungen am häufigsten stattfinden. Dazu sind die Gespräche mit unseren Autorinnen und Autoren in Leipzig besonders intensiv. Hier kann man sich noch außerhalb des Terminkalenders unterhalten – in unseren hoch beschleunigten Zeiten fast schon exotisch.