Soll man sich vorsichtig, Schritt für Schritt, an die neue Herausforderung herantasten – oder einfach ins kalte Wasser springen? Für Michiko Wemmje war das keine Frage: Die gebürtige Oldenburgerin, seit Mitte Oktober neu im Buchmesse-Team, stürzte sich am dritten Arbeitstag mit ihren Kolleginnen ins Frankfurter Messegetümmel, Termine im Halbstundentakt. Watt mutt, datt mutt, unter Seefahrern würde man es Äquatortaufe nennen. Wemmje stieß zur Mannschaft, nachdem sich die Leipziger Buchmesse entschlossen hatte, die wachsenden Bereiche der Hallen 1 und 2 – Bildung, Kinder- und Jugendbuch sowie die Manga-Comic-Con -, die bislang von einer Projektmanagerin betreut wurden, einem Zweier-Team anzuvertrauen: Während sich Michiko Wemmje im Rahmen von „Fokus Bildung“ um Verlage, Schulen und Kitas kümmert und bei der MCC als Ansprechpartnerin für den Kreativbereich, Händler und das Programm fungiert, ist ihre Kollegin Nora Furchner für die Messebereiche Kinder- und Jugendbuch, Fantasy und die MCC-Verlage verantwortlich. Die beiden Projektmanagerinnen, deren Arbeitsfelder so eng verzahnt sind, spielen sich die Bälle schon reichlich routiniert zu: „Ich bin Team-Arbeit gewohnt“, sagt Wemmje, „wir ziehen an einem Strang. Außerdem hilft mir Nora als Mentorin bei der Einarbeitung“. Die Konstellation passt.
Vom „Lambchop“-Konzert zum Seminar-Referat
Michiko Wemmje zog es nach dem Abitur nach Berlin, wo sie zunächst eine Ausbildung zur Europasekretärin absolvierte. „Sprachen und Literatur haben mich interessiert, ich konnte mich damals aber noch nicht für einen Studienplatz entscheiden. Also wollte ich was Handfestes lernen. Die BWL- und IT-Kompetenzen, vor allem die Fremdsprachen haben mir in späteren Jobs sehr geholfen.“ Insgesamt zehn Jahre lebte und arbeitete Wemmje in der Hauptstadt: Nach einer Station beim Europäischen Patentamt stieg sie bei der Konzertagentur Berthold Seliger ein, wo sie Touren für Bands wie Lambchop, Iron and Wine oder Jason Molina organisierte. Um schließlich doch noch ihren Bachelor in Kulturwissenschaften (Schwerpunkt: Literatur und Kulturgeschichte) abzulegen – an der Europa Universität Viadrina. Das Pendeln zwischen Berlin und Frankfurt/Oder war kein Zuckerschlecken („Man schafft es in einer guten Stunde – wenn der Zug pünktlich ist!“), doch Wemmje bewies Stehvermögen: Noch während eines Erasmus-Jahrs in Spanien arrangierte sie freiberuflich die Tourneeplanung für ein kleines deutsches Indie-Label.
Born in Borna
Nach Leipzig kam Michiko Wemmje, die nach dem Studium zunächst bei Stylepark in München arbeitete, der Liebe wegen; hier wohnt der Vater ihres Sohnes, der vor anderthalb Jahren in Borna das Licht der Welt erblickte. Das Stellen-Angebot der Buchmesse hat sie sofort elektrisiert – eine wunderbare Möglichkeit, Ausbildungs- und Joberfahrungen mit persönlichen Neigungen unter einen Hut zu bekommen. Manche reichen bis in die Oldenburger Kindheit – etwa die Begeisterung für die Filme des japanischen Anime-Regisseurs und Oscar-Gewinners Hayao Miyazaki („Chihiros Reise ins Zauberland“). Nun also: Leben in Leipzig. The better Berlin? Verglichen mit der trubeligen Hauptstadt ist die Stadt für Wemmje deutlich ruhiger, familienfreundlicher: „Das Kind in den Hänger, aufs Rad steigen, in fünf Minuten an der Sachsenbrücke, dann ab in den Auwald – wo gibt’s das noch?“ Jetzt, da die heiße Phase der Buchmesse-Vorbereitung für März 2017 läuft, wird die Zeit für derlei Luxus knapp. Michiko Wemmje nimmt’s gelassen: „Seit ich ein Kind habe, bin ich noch mal ne Nummer entspannter geworden. Eigentlich bringt mich gerade nicht mehr so viel aus der Ruhe.“
Michiko Wemmje, geboren 1983 in Oldenburg, studierte nach ihrer Ausbildung zur Europasekretärin Kulturwissenschaften an der Europa Universität Viadrina in Frankfurt/Oder. Sie war u. a. als Sachbearbeiterin im Europäischen Patentamt (Berlin), als Tourneeproduzentin und Projektmanagerin bei Stylepark (München) tätig. Seit Mitte Oktober 2016 arbeitet Wemmje als Projektmanagerin bei der Leipziger Buchmesse.