Die Geschichte von FLIPPO, der Kinderzeitung der Galerie für Zeitgenössische Kunst (GfZK) beginnt 2017 an zwei Grundschulen in Schönefeld, einem Stadtteil im Leipziger Osten. Die Idee: Eine Zeitung von Kindern für Kinder, die Erwachsenen geben nichts vor, sondern helfen lediglich bei der Umsetzung. Das fängt schon beim Namen an: In einer Umfrage setzt sich „FLIPPO“ schließlich gegen „Das Marienkäferblatt“ und „Bananenkopf“ durch.
Im letzten Jahr wurde mit der Jubiläumsausgabe „Happy Birthday“ der fünfte Geburtstag des Projekts gefeiert: Darin finden sich etwa lustige Wahlplakate („Für Rockmusik auf öffentlichen WCs“), ein Comic über die böse Lehrerin Frau Cibulka oder die hübsche Rubrik „Kinder fragen ahnungslose Erwachsene“, in der man lernen kann, was ein „Glubschi“ oder ein „Frumpel“ ist. Neben freien Heften zu „Marsianern“, „Morgens länger schlafen“ oder „Corona“ gab es auch schon zwei Mal Themenhefte zu GfZK-Ausstellungen, etwa über Städte der Zukunft.
Für Wiebke Steinert, die als freie Mitarbeiterin in der Kunstvermittlung der GfZK arbeitet und sich mit weiteren Kolleginnen um das Projekt kümmert, ist die Arbeit an jeder neuen Ausgabe ein Experiment mit offenem Ausgang: „Es gibt eine Kinderredaktion, die nach demokratischen Spielregeln aushandelt, was Titel-Thema sein soll.“ Dabei kann man im Dauertakt Überraschungen erleben; geht nicht gibt’s nicht. Wer als schön rational denkender Erwachsener etwa glaubt, beim Thema „Sitzenbleiben“ laufe, na klar, alles auf Schulprobleme hinaus, landet Minuten später bei „Fußball“. Und bekommt auf sein Kopfschütteln und Schulterzucken mit entwaffnender Offenheit entgegengeschleudert, dass man beim Fußballgucken ja „vor dem Fernseher sitzt“. Zack, neues Thema!
Das Projekt FLIPPO fährt zweigleisig: Zum einen bietet die GfZK Ferienworkshops im Haus an, die dank diverser Förderungen kostenfrei sind. Zum anderen, und das ist mindestens ebenso wichtig, gibt es Kooperationen vor Ort, in den Stadtteilen, etwa mit der Clara-Wieck-Schule in Schönefeld, der Schule am Addis-Abeba-Platz oder dem Leipziger Riso Club, einer offenen Druckwerkstatt, die sich der Risographie verschrieben hat. „Die Kinder arbeiten zumeist analog“, erklärt Wiebke Steinert. „Mir ist es wichtig, dass sie erst mal das Handwerk verstehen. Am Ende digitalisiere ich dann die Arbeiten. Oder es entstehen Poster im Risodruck.“
Im Rahmen des JugendCampus UVERSE wird FLIPPO nun zum ersten Mal auf der Leipziger Buchmesse zu Gast sein. Geplant ist am Messe-Samstag ein Plakat-Workshop zu Fake-News – ein Thema, das bei Kindern auf offene Ohren stößt und schon jetzt fester Bestandteil jeder FLIPPO-Ausgabe ist. Auf spielerische Weise lernen Kinder, wie solche Fakes funktionieren – und haben bei der Entwicklung von Headlines wie „Zehnjähriger von Smartphone verschluckt“ oder „Nutella – Die Geheimmedizin gegen alle Krankheiten!“ noch ziemlich viel diebischen Spaß. „Natürlich bekommen Kinder in Familie und Schule eine Menge Medienrummel um bestimmte Phänomene mit“, weiß Wiebke Steinert. „Wir klären da mit unserem didaktischen Wissen auf – und es entstehen Poster, die dann über das Monotypie-Verfahren direkt auf der Messe gedruckt werden können.“ Im Workshop sind ganz unterschiedliche Aufgaben möglich, so auch die Herstellung von Collagen: Witzig zum Beispiel, Überschriften aus Zeitungen auszuschneiden und mit neuen Bildern zu versehen – oder andersherum. Da die junge Zielgruppe auf der Buchmesse altersmäßig sehr heterogen sein wird (angegeben ist eine Altersgruppe zwischen 10 und 22 Jahren), dürften Steinert und ihre Kolleginnen ordentlich herausgefordert sein. Dennoch freut sich die Kunstvermittlerin aus der GfZK schon sehr auf den Messesamstag: „Hoffentlich entstehen viele tolle Poster – die dann den Weg in die nächste FLIPPO-Ausgabe finden.“ Vorgestellt wird die dann so, wie es sich gehört: Auf einer echten Kinderpressekonferenz.